Sheila oder Die Hausbesetzerin

Musterung oder Könnte das mein Mr. Right sein?
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In liebevoller Erinnerung an Sheila
(2004 - 2.5.2019)

Als ich im September 2013 wieder nach Heilbronn zog, war mein letztes Haustier, ein Wellensittich, gut 45 Jahre her. Aber das sollte sich schnell ändern.

Meine Wohnungsnachbarn hatten einen kleinen, aber lauten Terrier. Benny war nicht zu überhören und es war nicht zu übersehen, dass er total auf Frauchen fixiert war. Dass sie auch eine rabenschwarze Katze namens Sheila hatten, bekam ich monatelang nicht mit. Sheila wiederum war völlig auf Herrchen geprägt, wohl auch, weil Benny nicht duldete, dass Sheila in Frauchens Nähe kam.

Mein erstes Foto von Sheila ist vom 19.9.2014 und auf dem nimmt sie zum ersten Mal Notiz von mir, man könnte auch rückblickend sagen, sie taxierte mich: "könnte das mein Mr. Right sein?"

Zu der Zeit ging es ihrem Herrchen gesundheitlich immer schlechter, er war oft im Krankenhaus und wenn er Zuhause war, war es ihm oft zu viel, wenn Sheila Nachts bei ihm im Bett schlafen wollte.

Wenige Tage nach diesem ersten Foto unterhielt ich mich im Laubengang mit der Nachbarin, als Sheila dazu kam und sich an mich ranschmuste: an den Beinen reiben, miauen, schnurren. Als ich mich hinhockte, um sie zu streicheln, sprang sie auf meine Oberschenkel und drückte sich an mich. Als ich dann meine Wohnungstür aufschloß, marschierte sie vor mir her hinein.

Sie hatte eine Entscheidung gefällt und blieb den ganzen Abend bei mir auf dem Sofa (Bild 2). Gegen 22 Uhr nahm ich sie auf den Arm und brachte sie zur Nachbarin zurück, weil ich dachte, ich kann ihre Katze doch nicht einfach behalten. Ihr verzeifelter Blick, als ich sie übergab, ging mir durch und durch.

Sheila tobte an dem Abend derart in ihrer Noch-Wohnung, Wand rauf, Tapeten runter, das ganze Programm. Bis sie endlich raus durfte.

Nachts um drei Uhr wurde ich wach, weil eine Katze außen auf der Fensterbank meines Schlafzimmers saß und miaute. Es war Sheila. Ich öffnete das Fenster und sie sprang auf mein Bett. Als ich mich wieder hingelegt hatte, hechtete sie regelrecht in meinen Arm und kuschelte sich an mich. So schliefen wir dann bis zum Morgen.

Ich hatte eine Hausbesetzerin bei mir aufgenommen :-)

Am nächsten Tag besorgte ich erst Mal Futter und Streu und ein Katzenklo. Und ich informierte mich über meine neuen Pflichten. Man weiß ja so vieles nicht. Dass man Hunde baden muss, wusste ich, aber Katzen? Google ist schon eine praktische Erfindung :-)

Sheila wollte am nächsten Tag gar nicht ins Freie, sie inspizierte ihr neues Zuhause ausgiebig. Nur als ich mal auf die Terrasse ging, ging sie mit, blieb aber immer nahe bei mir.

Den Mittagsschlaf machte sie mit mir zusammen, flach auf meinem Bauch liegend und das Streicheln genießend.

Abends auf dem Sofa kam sie wieder auf meinen Schoß, kuschelte sich an mich und schaute mich immer wieder intensiv an: "gell, heute bringst du mich nicht wieder zurück!".

Und damit war ihr Umzug besiegelt. Drei Monate später starb ihr altes Herrchen. Sie hatte wohl schon gespürt, dass er nicht mehr für sie da sein konnte.

Es folgten fünf Jahre voller Liebe und Zärtlichkeit - kein Mittagsschlaf ohne Sheila auf meinem Bauch und in meinem Arm. Praktisch jeden Abend verbrachte sie auf dem Sofa neben mir, meist an mich gekuschelt.

Wenn ich Abends ins Bett ging, kam sie zum streicheln lassen auf meinen Bauch und in meinen Arm. Wenn sie genug hatte, ging sie in ihr Fellbettchen am Fußende. Spätestens um halb acht Morgens war sie dann wieder in meinem Arm und legte sich so hin, dass meine Fingerspitzen genau bis an ihren Hals reichten

Manchmal kam sie aber auch mitten in der Nacht, um sich ein paar Streicheleinheiten abzuholen. Einmal war das genau um 2:30 Uhr, wie ich an der Decke vom Projektionswecker ablesen konnte. Sie krabbelte sehr behutsam auf meinen Bauch, um mich nicht zu stören, aber ich wurde natürlich trotzdem wach und streichelte sie mit beiden Händen. Nach einer Weile rollte sie sich energisch nach rechts ab und lag dann auf dem Rücken in meinem Arm - genau passend, um sich das Bäuchlein streicheln zu lassen. Was ich dann auch tat. Immer wenn ich müde wurde und aufhörte oder begann zu schnarchen kam ein energisches MIAU! Ich musste streicheln und streicheln und streicheln und Sheila schnurrte und schnurrte und schnurrte ...

So ging das bis 4:02 Uhr, dann trollte sie sich wieder in ihr Bettchen am Fußende. Leider war dabei kein Guiness-Schiedsrichter anwesend, sonst hätten wir das als Weltrekord im Katzenbauchkraulen eintragen lassen :-)

Zusammengefassst: wir waren das Liebespaar des Jahres :-)

Sheila war ja schon über zehn gewesen, als sie zu mir zog und wesentlich ruhiger als Timmy es jetzt ist. Sie wollte zwar auch mal raus, aber meistens drehte sie nur eine kleine Runde und legte sich dann auf ihre Bank auf der Terrasse. Sie vertrug sich auch mit allen Nachbarkatern, vor allem auch mit Snoopy. Snoop durfte sogar zu uns in die Wohnung kommen und mal aus Sheilas Freßnäpfen naschen. Er durfte sogar auf Sheilas Fell-Fensterbank schlafen.

Sheila war dann 15 - genau das Durchschnittsalter für eine Hauskatze. Trotzdem traf mich ihr Ende völlig unvorbereitet.

Anfang April 2019 stellte sich bei einem Routinebesuch bei der Tierärztin heraus, dass Sheilas Nierenwerte etwas hoch waren, aber nicht beunruhigend. Sie bekam Medikamente.

Ende April ging es ihr dann immer schlechter. Ich hatte immer gehofft, dass ich die Entscheidung, sie einschläfern zu lassen, nie fällen muss. Aber am 2. Mai 2019 musste ich. Wir waren zwei Tage vorher schon bei der Tierärtzin gewesen und sie bekam zwei
Spritzen. Erst mal ging es ihr da etwa besser und sie fraß (wenig) und trank (viel). Da hatte ich wieder Hoffnung.

Aber am 1. Mai brach sie dann alles wieder aus und wollte meine Arme gar nicht verlassen. Sie konnte auch kaum noch laufen und ich habe sie regelmäßig zur Toilette getragen. Als sie sich dann Abends hinter das Sofa verkroch, habe ich geahnt, was kommt. Sie schleppte sich nachts noch vor mein Bett, hatte aber keine Kraft mehr, mich zu wecken.

Um fünf Uhr habe ich sie dann gesehen und zu mir ins Bett geholt. Da lag sie dann eng an mich gekuschelt in meinem Arm bis gegen acht Uhr. Wir haben Abschied genommen.

Die Tierärztin hat dann noch mal die Nierenwerte gemessen, aber die waren da schon jenseits von gut und böse. Es wäre eine Qual gewesen sie noch länger leiden zu lassen, auch wenn es mir unendlich schwer fiel, ja zu sagen.

Sie starb dann mit ihrem Köpfchen an meiner Wange.

Am nächsten Morgen kam dann die schwere Fahrt zum Tierkrematorium in Ödheim. Jetzt steht die Urne im Wohnzimmer. Ich hoffe, dass es in ein paar Jahren erlaubt ist, Haustierurnen mit in's eigene Grab zu nehmen.

Es mag erstaunen, dass ich nur eine Woche nach Sheilas Tod schon ins Tierheim fuhr und Timmy holte. Meine Mutter (90) war von Sheilas Tod so mitgenommen - sie wollte nicht aufstehen, nicht Essen, keine Zeitung lesen, nicht fernsehen. Da hielt ich es doch für angebracht, für Ablenkung zu sorgen. Mit großem Erfolg.

Die Timmy-Geschichten:

Shopping-Tipp: Sonnenschein kaufen Neues von Katerchen oder Die Abenteuer des Huckleberry Tim
Das Auf-die-Knie-Miau
Timmys neuer Spleen
Silvester oder Der Fluchtversuch
Timmy und Omas Duschstuhl

#Tierliebe

Autor:

Wolfgang Kynast aus Heilbronn

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