Binenschutz: Der BUND fordert ein Verbot aller Neonikotinoide

Neonikotinoide schädigen Bienen, die über Pollen oder "Schweißtröpfchen" der Pflanzen mit dem Nervengift in Kontakt kommen. So werden sie u. a. in ihrer Orientierungsfähigkeit gestört | Foto: Bild von Oldiefan auf pixabay.com
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  • Neonikotinoide schädigen Bienen, die über Pollen oder "Schweißtröpfchen" der Pflanzen mit dem Nervengift in Kontakt kommen. So werden sie u. a. in ihrer Orientierungsfähigkeit gestört
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Sie sind außergewöhnlich starke Insektengifte, weil sie das tierische Nervensystem schädigen: Neonikotinoide. Dabei treffen sie aber nicht nur die so genannten Schädlinge, sondern auch wichtige Bestäuberinsekten wie Honig- und Wildbienen. Neonikotinoide schwächen ihr Immunsystem, stören ihre Orientierung und beeinträchtigen die Fortpflanzung. Die Insektizide wurden für den Einsatz in Kulturen wie Obst, Gemüse, Raps oder Zuckerrüben, aber auch für den Hobbygarten (Blattläuse) entwickelt.

Dramatische Folgen hat der Einsatz von Neonikotinoiden für Bienenvölker. Diese kommen mit dem Nervengift über Pollen oder "Schweißtröpfchen" der Pflanzen in Kontakt. In den "Schweißtröpfchen" ist das Nervengift konzentriert, weshalb sie bis zu 1.000 Mal giftiger sind als die Pollen. Als Folge können Honigbienen erheblich in ihrer Orientierungsfähigkeit gestört werden und finden nicht zu ihrem Stock zurück. Das kann in einem Umfang geschehen, der zum Zusammenbruch einer Kolonie führt.

Darüber hinaus schwächen Neonikotinoide das Immunsystem der Bienen und machen sie somit anfälliger für die Varroamilbe. Die Milbe befällt die Brut der Bienen, saugt ihr Blut und hinterlässt Wunden, in denen Viren und Bakterien, die sie zudem überträgt, gedeihen. Wissenschaftliche Studien zeigen zudem, dass Pestizide aus der Gruppe der Neonikotinoide nicht nur Honigbienen, sondern auch Wildbienen und Schmetterlinge gefährden.

Neonikotinoide mitschuldig am Verschwinden der Feldvögel

Neonikotinoide sind aber auch für das Vogelsterben in der intensiv bewirtschafteten Agrarlandschaft Europas verantwortlich. Sie rauben den Singvögeln ihre Nahrung, die Insekten. Der holländische Toxikologe Henk Tennekes erkannte schon 2010 die Gefahr. Er veröffentlichte seine Forschungen in den Buch: "Desaster in the Making". Der BUND übersetzte das Werk ins Deutsche und gab es im Eigenverlag heraus.

Zum ersten Mal hat die wissenschaftliche Forschung im Sommer 2014 nachgewiesen, dass Neonikotinoide auch für den Verlust der Feldvögel verantwortlich sind. Das schreibt die britische Tageszeitung "Guardian" auf Basis einer Studie, die in den Niederlanden durchgeführt wurde. Die Ergebnisse zeigen, dass die Vogelpopulationen in den Gegenden am stärksten fielen, in denen die Verseuchung durch Neonikotinoide am höchsten war.

Mindestens 95 Prozent der Neonikotinoide, die eigentlich nur für das Bespritzen von Kulturpflanzen gedacht waren, landeten in einer weiteren Umgebung, die nicht nur auf die Felder beschränkt war, sondern darüber hinaus reichte. Dort töteten die Pestizide auch Insekten, die von den Feldvögeln als Nahrungsmittel benötigt werden – unter anderem für die Fütterung ihrer Jungvögel.

Der BUND fordert ein Verbot des Einsatzes von Neonikotinoiden

In den Blickpunkt der Öffentlichkeit rückten Neonikotinoide erstmals im Jahr 2008. Damals löste diese Stoffgruppe am Oberrhein ein Bienensterben in einer vorher nicht gekannten Dimension aus. Verantwortlich dafür war der Pestizidwirkstoff Clothianidin. Beim Säen von damit gebeiztem Maissaatgut wurden die Stäube weitläufig verweht. Es erfolgte eine Schädigung von Zehntausenden von Bienen, Schmetterlingen und anderen Insekten.

Da Neonikotinoide gut wasserlöslich und gleichzeitig schwer abbaubar sind, reichern sie sich in Böden und Sedimenten an. Dies macht sie auch zu einer Gefahr für zahlreiche im Wasser und auf dem Boden lebende Tiere. Untersuchungen in den Niederlan­den belegen etwa die schädigende Wirkung des Neonikotinoids Imidacloprid auf wirbellose Tiere wie Schnecken, Fische und Würmer. Dabei könnte die Landwirtschaft auf bienengefährdende Beizmittel dauerhaft verzichten. Das zeigt die landwirtschaftliche Praxis in Frankreich: Auf 2,8 Millionen Hektar wird erfolgreich Mais ohne den Einsatz dieser Beizmittel angebaut. In Frankreich dürfen zudem Behörden Pestizide auf Grünflächen, in Wäldern und auf Wegen, die für die Öffentlichkeit zugänglich sind, ab 2020 nicht mehr anwenden.

AUCH Thiametoxam seit 2018 für Freiland verboten

Aufgrund der Bienengefährlichkeit wurden Ende 2013 auf EU-Ebene die drei Pestizide Clothianidin, Imidacloprid und Thiametoxam aus der Wirkstoffgruppe der Neonikotinoide nur noch eingeschränkt zugelassen, bis es neue Erkenntisse zur Bienengefährlichkeit gibt. Ebenso wurde das systemische Pestizid Fipronil für zwei Jahre vom Markt genommen. Gegen die (Teil-)Verbote hatten Syngenta, BayerCropScience und die BASF (Fipronil) Klage beim Europäischen Gerichtshof eingereicht.

Derweil hat die EU-Lebensmittelbehörde EFSA, die für die Zulassung der Wirkstoffe zuständig ist, Ende August 2015 Berichte zu drei Insektiziden veröffentlicht: Demnach bergen die Stoffe aus der Neonikotinoidgruppe "hohe Risiken" für Bienen und andere nützliche Bestäuber. Im April 2018 hat die EU ein Freilandverbot für die Wirkstoffe Clothianidin, Imidacloprid und Thiamethoxam erlassen. Ihr Einsatz ist nun nur noch im Gewächshaus erlaubt. Der BUND fordert ein dauerhaftes Verbot aller Neonikotinoide ohne Schlupflöcher.

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Neonikotinoide schädigen Bienen, die über Pollen oder "Schweißtröpfchen" der Pflanzen mit dem Nervengift in Kontakt kommen. So werden sie u. a. in ihrer Orientierungsfähigkeit gestört | Foto: Bild von Oldiefan auf pixabay.com
Wissenschaftliche Studien zeigen, dass Pestizide aus der Gruppe der Neonikotinoide nicht nur Honigbienen, sondern auch Wildbienen und Schmetterlinge gefährden | Foto: Bild von kie-ker auf Pixabay.com
Autor:

BUND Regionalverband Heilbronn-Franken aus Heilbronn

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