Wegwarte

manchmal klein. Aber trotzdem kraftvoll
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Im Moment blühen überall die Wegwarten. Manche sind klein, manche fast 2 Meter hoch. Gerade so wie es die Bodenverhältnisse ermöglichen. Die Blüten sind wunderschön, aber sehr kurzlebig. Deswegen erzähle ich euch heute ein wenig über die Wegwarte:

Botanischer Name: Cichorium intybus
Pflanzenfamilie: Korbblütler, Asteraceae
Verschiedene Volksnamen: Blaue Distel, wilder Endifie, Hartmann, Hasenmilch, rauher Heinrich, Hundsläufte, Irenhart, Kaffeekraut, Sonnendraht, Sonnenwirbel, Arme-Sünder-Blume, Wasserwart, Wegleuchte, Zichori, Zigeunerblume, Zigori, Wilde Zichorie, Zichorie, Roatfarbar, Zornruatn, Alde Mähd,
Woher kommt der Name, Assoziationen zum Erscheinungsbild, Geschichten und Wissenswertes: Der Name Cichorium leitet sich aus den griechischen Wörtern
Kio: gehe und chorion:Feld ab, steht also mit der Art und Weise des Auftretens der Pflanze in Verbindung und entspricht dem deutschen Namen Wegwarte. Intybus leitet sich vom griechischen entomos (eingeschnitten, Bezug zu den Blütenblättern) als auch von lat. in und tubus (Röhre) ab, was auf den hohlen Stängel hinweist.
Durch eine besondere Eigenschaft der Blüten bekam die Wegwarte auch den Namen
Roatfarbar. Die blauen Blüten werden rot, wenn man sie in einen Ameisenhaufen legt. Ihr blauer Farbstoff wird – ähnlich wie der, als Reagens benutzte Lackmus, – durch die Säure (Ameisensäure) in einen roten Farbstoff verwandelt.
In der Oststeiermark bekam die Wegwarte den Namen Zornruatn. Mit den harten und zähen Stängel wurden vermutlich einige Hintern versohlt.
Aus Schlesien stammt der Name Alde Mähd: Die Wegwarte soll eine in eine Pflanze verwandelte Maid sein, die am Wege in unerschütterlicher Treue ihres Liebsten harrte, der in die Schlacht ziehen musste und nicht mehr wiedergekehrt ist. Darüber wurde sie alt und grau, eben eine „alde Mähd“. Doch er muss ja endlich wiederkommen und dann wird ihre Treue und Liebe belohnt. Sie soll entzaubert werden und zu neuem Glück erwachen. Der Name Arme-Sünder-Blume, ist auf den Umstand zurückzuführen, dass sie an Scheidewegen wächst, wo nach alter Sitte Selbstmörder (eine Art armer Sünder) begraben wurden.

Ihre Hochsaison als Heilpflanze hatte die Wegwarte um 1670. Die Wurzel, pulverisiert dem Essen beigegeben, sollte vor Ehebruch bewahren und den Frauen die Geburt erleichtern. Im Altertum diente sie als magenstärkender Salat, ihr Saft gegen Vergiftungen und Augenleiden. Im germanischen Kulturkreis hat die Pflanze vielleicht ursprünglich auch zu Heilzwecken gedient, wurde aber dann zu Zaubereien, besonders zur Herstellung von Zaubertränken verwendet. Noch heute soll sie dem Volksglauben nach, zumal wenn sie zu Mariä Himmelfahrt geweiht worden ist, hieb- und stichfest machen und Fesseln sprengen, sowie Dornen und Nadeln aus Wunden entfernen. Sogar wie eine Tarnkappe unsichtbar machen.

1806 verhängte Napoleon die Kontinentalsperre gegen England und somit war auch die Einfuhr des damals schon beliebten Bohnenkaffees verhindert. Bis zur Aufhebung der Sperre 1812 gab es deshalb fast ausschließlich Kaffee-Ersatz aus der gerösteten Zichorienwurzel. In den Kriegs- und Nachkriegsjahren des 20. Jahrhunderts gab es wieder verstärkt diesen Kaffee-Ersatz. Heute wird die Zichorie noch in Österreich, Tschechien, Frankreich, Holland und Ungarn angebaut, bei uns verlor sie Mitte des 20. Jahrhunderts rasch an Bedeutung; obwohl es noch vereinzelt Zichorienkaffee zu kaufen gibt.

Eine handtvoll Wegwart in wasser gesotten vnd getruncken
führt aus die gallen vnd weissen schleim durch den stuhlgang...
Ein decoction gemacht auss dem kraut vnd wurtzel
mit wein oder wasser
vnnd warm gedruncken
eröffnet die Leber vnd Miltz
soll genützt werden im anfang der Wassersucht vnd Cachexia.
Solches vermag auch das gebrannt wasser
vnnd ist trefflich gut zu dem hitzigen Magen
zu allen brennenden Febern
vnnd schwachheit des Hertzens getruncken..
dienet auch zum hitzigen Podagra...
(Hieronymus Bock)

Beschreibung und Aussehen der Pflanze: Am Anfang im Frühjahr erinnert die Pflanze mit ihrer Blattrosette und den jungen Blättern, sehr an den Löwenzahn. Später dann wachsen ein oder mehrere sparrig, steife, verzweigte Stängel bis zu ca. 1 Meter hoch (je nach Bodenqualität kann es schwanken zwischen 30 cm und 2 m), mit kleinen Blättern etwa alle zehn Zentimeter. Aus diesen Blattachseln wachsen auch die schönen, blauen (selten auch weiße) Blüten.
Die Pflanze hat einen aufrechten Wuchs. Der Stängel ist an mehreren Stellen geknickt und weist Verzweigungen auf. Die Pflanze hat weißen Milchsaft.
Blätter: Die oberen Blätter haben eine lanzettliche Form, die unteren Grundblätter sind rau behaart, eingeschnitten und gezackt, gesägt wie die Form von Löwenzahnblätter.
Blütenfarbe: blau, gelegentlich und selten auch mal weiß
Blütenform: Blütenköpfchen bestehen nur aus Zungenblüten.
Früchte/ Samen: kantig, eiförmig, länglich geformter Samen. Achänen (aus einem unterständigen Fruchtknoten hervorgehende Frucht, bei welcher die Fruchtwand und die Samenschale miteinander fest verbunden sind). Tragen nur einen schwach ausgebildeten Pappus.
Blütezeit: Juli bis Oktober
Pflanzenhöhe: 20 cm bis fast 2 Meter. (Bei sehr guter Erde, z. B. im Garten werden sie wirklich bis 2 Meter hoch und sehr ausladend.)
Besonderheiten: Gemüse des Jahres 2005 und Blume des Jahres 2009. Und nun ist sie auch Heilpflanze des Jahres 2020.
Die Blüten öffnen sich sehr früh morgens, aber schließen sich auch schon am späten Vormittag oder frühen Mittag wieder. Bei sonnigem Himmel ist die Blüte ca. 6 Stunden geöffnet. Bei bewölktem Himmel kann es ein wenig länger sein.
Zu den zahlreichen Bestäubern der Wegwarten-Blüten gehören unter anderem Bienen, Käfer, Schwebfliegen und Schmetterlinge, die somit in der Regel Fremdbestäubung verursachen. Ohne Fremdbestäubung, tritt im
fortgeschrittenen Blühzustand Selbstbestäubung ein: die Griffeläste rollen sich spiralig auf, so dass die mit den Narben besetzten Innenflächen mit den Pollenkörnern der außen liegenden Staubblätter in Berührung kommen.

Vorkommen: Standortansprüche: Wächst an Wegränder, Ackerränder, Straßenränder, Böschungen und Hängen sowie auf Schuttflächen. Wächst sehr gut auf trockenen Böden, weil ihre Wurzeln sehr tief in den Boden eindringen. Zudem ist sie sehr salzverträglich und wächst deswegen auch an Straßenrändern gut, obwohl im Winter Streusalz gestreut wird.
Wie vermehrt sie sich: Über Samen (zweijährige Pflanze),
Welche Teile können genutzt werden: Blätter, Blüten von ca. Juni bis September. Aber die jungen Blätter schmecken um einiges zarter. Wurzeln im Herbst oder im zeitigen Frühjahr.
Wie schmecken sie: Bitter und krautig
Gute Inhaltsstoffe: Bitterstoffe, Inulin, Cholin, Intybin, Zucker, Harz, Gerbsäure, ätherisches Öl,
Volksmedizinischer Gebrauch: Frisch gepresster Wegwartensaft soll einen sehr positiven Einfluss auf die Bauchspeicheldrüse haben. Wird teelöffelweise eingenommen, schmeckt aber sehr bitter. Die Blätter und Wurzeln haben auch einen anregenden Einfluss auf den Stoffwechsel und sollen auch lindernd bei rheumatischen Problemen und anregend auf Leber und Galle wirken. Deswegen wird gerne Tee für eine Frühjahrskur benutzt. Der Tee soll sich auch bei Appetitlosigkeit und Verdauungsbeschwerden bewährt haben.
Nutzen für kosmetische Produkte: Bei unreiner Haut, Ekzemen und Augenentzündungen kann ein Teeaufguss mit der Wurzel und einigen Blüten äußerlich für Kompressen verwendet werden. Dazu zwei Esslöffel Wurzelstückchen in ca. 250 ml Wasser für 10 Minuten kochen, ein paar Blüten dazugeben und noch mal 10 Minuten ziehen lassen.
Ein Teeauszug der Blüten soll im Shampoo bei grauen Haaren die Graufärbung schöner aussehen lassen.
Verwendungsarten: Blätter für Tee, Presssaft, in Smoothies, Wildsalaten, Kräuterquark. Wurzeln als kaffeeähnliches Getränk, oder als Gemüse (wie z. B. Schwarzwurzel). Aus den Blüten kann man mit Apfelsaft und Gelierzucker ein Gelee zubereiten.
Rezepte: Zichorienkaffee: Für Zichorienkaffee schneidet man die Wurzel in kleine Stücke und trocknet sie. Die trockenen Wurzelstücke werden langsam ohne Fettzugabe geröstet und dann gemahlen. Das Pulver kann man dann aufbrühen wie Bohnenkaffee.
Wegwarte- Gemüsesuppe: 2 Handvoll Wegwarteblätter, ½ Brötchen, 100 g Butter
½ L Gemüsebrühe, Salz, Pfeffer, gemahlene Muskatnuss, 2 Eigelb.
Die Wegwartenblätter in kochendem Salzwasser 10 Minuten weich köcheln lassen.
In der Zwischenzeit das halbe Brötchen in Würfel schneiden. Die Blätter in ein Sieb abgießen, abtropfen lassen und grob hacken. In einer Pfanne 50 Gramm Butter zerlassen und darin die Wegwartenblätter kurz dünsten. Die Gemüsebrühe in einem Kochtopf erhitzen, die gedünsteten Blätter hineingeben und einige Minuten mit köcheln lassen. Mit Salz, Pfeffer und Muskat abschmecken. Parallel dazu in der Pfanne die restlichen 50 Gramm Butter erhitzen, darin die Brötchenwürfel anrösten. Ganz zum Schluss die Eigelbe in die Gemüsesuppe (die dabei nicht mehr köcheln darf!) einlaufen lassen und gut verrühren. Vor dem Servieren die gerösteten Semmelwürfel drüberstreuen.

Warnhinweise: keine gefunden. Natürlich Achtung bei Allergie auf Korbblütler.

Autor:

Daniela Somers aus Untergruppenbach

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