Nach langer Fahrt in einem Staubsturm auf dem sogenannten Dessert-Highway erreichten wir ziemlich erledigt und ausgetrocknet am späten Abend die kleine Hafenstadt Aqaba am Roten Meer. Das Städtchen ist der einzige Zugang Jordaniens zu den Weltmeeren und bot neben großen Hafen- und Industrieanlagen auch einige schöne Badestrände mit Hotels.
Ausnahmsweise gönnten wir uns an diesem Tag ein Zimmer in einem Hotel, purer Luxus für uns damals. In der Hotelbar gab es gut gekühltes Heineken Bier und wir feierten das Erreichen des Roten Meeres. Heute ist Aqaba übrigens eine ziemlich häßliche Großstadt mit über 100.000 Einwohnern, der Charme der vergangenen Tage ist längst verflogen.
Am nächsten Tag machten wir uns dann auf die Suche nach einem Stellplatz, wo wir einige Tage am Meer verbringen wollten. Natürlich schwebte uns ein schönes Plätzchen direkt am Wasser unter Palmen vor. So richtig wie auf den Postkarten.
Es war gar nicht so schwer, so eine Stelle zu finden. Einzige Schwierigkeit war der Sand. Es gibt da einige Tricks, zum Beispiel Luft aus den Reifen abzulassen, um eine breitere Auflagefläche zu bekommen und somit eine größere Tragkraft gegen das Einsinken im Sand zu erzielen. Frech und unerfahren wie ich war, habe ich das ausprobiert und siehe da, es funktionierte zunächst recht gut und wir erreichten eine Stelle zwischen 3 schattenspendenden Palmen. Aber nun begann das Elend. Beim Rangieren, um die beste Parkposition zu finden, wühlte ich den Bully in den Sand. Nach 2-3 Versuchen war ich so tief drin, dass der Bully hinten praktisch aufsaß. Meine Versuche, den Wagen mit einem Spaten freizuschaufeln und mittels untergelegter Palmwedel wieder herauszukommen, scheiterten kläglich.
Ziemlich verschwitzt und frustriert gab ich auf. Eine andere Lösung musste her. In einiger Entfernung war ein großes villen- oder palastähnliches Gebäude, verborgen hinter hohen Mauern. Überragt wurde alles von großen Palmen und Bäumen, so dass man auf eine Parkanlage hinter den Mauern schließen konnte. Also machten wir uns dorthin auf, um Hilfe zu finden. Beim Näherkommen sahen wir die Sicherungsanlagen auf der Mauer und eine Reihe bewaffneter jordanischer Soldaten, die uns schon mißtrauisch begutachteten.
Da englisch in Jordanien recht weit verbreitet ist, konnte ich unser Problem anschaulich schildern. Allerdings hatten wir es hier mit den unteren Dienstgraden zu tun, die keinerlei Entscheidungsbefugnis hatten. So wurden wir in ein Wachhäuschen geführt und der diensthabende Offizier musste geholt werden. Es dauerte nicht lange bis ein schneidiger Offizier mit tadellos sitzender, gepflegter Uniform zu uns kam. Er klärte uns zuerst einmal auf, wo wir hier eigentlich waren. Wir befanden uns in der Sommerresidenz von König Hussein I, dem Vater des heutigen Königs von Jordanien. Hier verbrachte der König mit seiner Familie die heißen und trockenen Sommermonate, wenn es in Amman, der Hauptstadt, unerträglich heiß wurde. Heute aber war er nicht zu Hause.
Im Orient geht nichts ohne Tee. Er musste uns wohl angesehen haben, dass wir ziemlich ausgetrocknet waren, denn plötzlich brachten ein paar Soldaten eine große Kanne Tee und Gläser. Es war der wohl köstlichste Pfefferminztee den wir jemals getrunken hatten, bis heute. Und da man im Orient erstmal einen Smalltalk macht bevor man zur Sache kommt, mussten wir erstmal erzählen woher wir kamen, wo wir hinwollten, unseren Beruf, ob wir Kinder haben und vieles, vieles mehr. Eine Lektion in Lebensstil, die wir nie vergessen werden.
Schließlich irgendwann, wir wurden schon langsam nervös (typisch Europäer eben) ging er auf unser Problem mit dem festsitzenden VW-Bus ein. Er lächelte souverän und meine „no Problem“ und schon nach wenigen Minuten fuhr ein großer Hummer-Jeep mit 2 Soldaten vor. Wir bedankten uns überschwänglich beim freundlichen Offizier, kletterten auf die Pritsche des Jeeps und fuhren zu unserm Bully.
Nun aber nahm das Drama erst seinen Lauf!
Die zwei Jungs die er uns da mitgegeben hatte, waren offensichtlich nicht die hellsten. Jeder logisch denkende Mensch würde beim Abschleppen das Zugfahrzeug vor das abzuschleppende Vehikel stellen. Nicht so unsere zwei Retter. Im rechten Winkel zum Bully hängten sie das Stahlseil an meiner Abschleppöse und an der Anhängerkupplung des Jeeps, ein. Dann fuhren sie an, das konnte natürlich nicht klappen den Bus seitlich rauszuziehen. Aber die Jungs waren hartnäckig. Mehrfach mit roher Gewalt versuchten sie es, der Bus neigte sich bedrohlich zur Seite und drohte umzukippen. Dann der Supergau. Sie ließen das Seil durchhängen und versuchten es mit Anlauf. Ein Schlag, das Seil flog durch die Luft, meine Abschleppöse war abgerissen. Das hätte böse enden können.
Ich hatte mich bisher aus Höflichkeit zurückgehalten, konnte das Elend aber nicht mehr mit ansehen. Jetzt dirigierte ich den Jeep vor den Bully, machte das Seil an den Querrohren der Vorderachse fest, setzte mich in den Bus um mit Motorkraft zu unterstützen, das hatten sie nämlich bisher abgelehnt. Langsam und mit viel Gefühl hat es dann auf Anhieb funktioniert und kurze Zeit später stand ich wieder auf festem Untergrund.
Wir bedankten uns bei den Soldaten mit einigen Schachteln Zigaretten, die wir, obwohl Nichtraucher, für solche und ähnlich Fälle dabei hatten, und suchten uns ein neues Plätzchen für die Nacht. Was dann folgte, wäre aber eine neue Geschichte.
Die kleine Glasflasche auf dem Foto befindet heute sich in unserem Urlaubsschatzkästchen, dass ich nun wieder schließe.
Eine sehr, sehr spannende Geschichte die Du so schön und mitreissend erzählt hast.
Da ist man ganz dabei, hat Durst und zwischendurch ungute Gefühle...
Wie alt ward ihr damals bei diesen Reisen? Ich glaube Deine Frau ist eine sehr mutige
Person, sonst hätte sie Dich nicht so bedingungslos begleiten können!
Grüsse Anneliese