Von Bautzen über Ganna nach Bretzfeld
Zeitzeugen berichten über die Vertreibung aus Ungarn

Es war sehr beeindruckend für den Vorstand des Budaörser Heimatvereins, dass der Schüler Gregor Lehmann aus der Nähe von Bautzen den Kontakt nach Bretzfeld suchte. Die umfangreiche Erarbeitung des selbstgewählten Themas „Die Vertriebenen aus Ungarn nach dem zweiten Weltkrieg“, führte den jungen Mann zu Joschi Ament, dem Bundesvorsitzenden der Landsmannschaft der Deutschen aus Ungarn. Er brachte den Heimatverein Budaörs ins Spiel und so wurde das Heimatmuseum in Bretzfeld als Treffpunkt für einen intensiven Informationsaustausch gewählt.
Das Thema seiner Arbeit war aus familiären Gründen gewählt. Auch die Großmutter des Schülers war Opfer dieser Vertreibung. In dem kleinen Dorf Ganna mit rund 250 Einwohnern, ca. 60 km nördlich des Plattensees gelegen, war ihre alte Heimat gewesen.
Die ausgiebige Besichtigung des Museums gab viele Informationen, aber es gelang auch einen kleinen Kreis von Zeitzeugen zu versammeln. Das Ehepaar Deiniger aus Bretzfeld und Andreas Ritter, der eigens aus Schwetzingen angereist war, standen dem jungen Mann gerne in einer gemütlichen Kaffeerunde zur Verfügung. Als Vertreter des Vereins nahmen Theresia Mann und Stefan Vachaja teil. Den Gesamtüberblick über die damaligen Flucht- und Vertreibungsgeschehnisse in Mittel- und Osteuropa und deren Folgen stellte Joschi Ament im Gespräch dar. Aus den Fragen von Gregor Lehmann entwickelte sich ein sehr ergiebiger Austausch, der durch viele Erlebnisberichte und Hintergrundkenntnisse ergänzt werden konnte.
Die Zeitzeugen machten dabei deutlich, in welcher erbarmungslosen Art und Weise diese Deportationen abliefen. Der erste dieser Güterzüge, sie waren jeweils mit rund eintausend Personen vollgepackt, fuhr am 19. Januar 1946 aus Budaörs ab. Es war landesweit der erste Aussiedlungszug. In Ungarn wurde dieser Tag daher im Jahr 2012 zum offiziellen Gedenktag an das Unrecht der Vertreibung erklärt. Am 2. Februar 1946 verließ bereits der 7. Transport die bisherige Heimat. Damit waren innerhalb von nur 2 Wochen rund 7000 Menschen aus dieser einen Gemeinde auf dem Weg in eine ungewisse Zukunft. Mehr als ein Jahr später wurde nochmals ein Zug voller Ungarndeutscher aus Budaörs in die damalige sowjetische Besatzungszone verfrachtet. Den verlassenen Wohnraum übergab man den vertriebenen Ungarn, die ihrerseits aus den Nachbarstaten ausgewiesen wurden.
Gerade in den gegenwärtigen Tagen wurde es für die Gesprächspartner einmal mehr deutlich, welch unmenschliche und verheerende Folgen kriegerische Auseinandersetzungen für alle Betroffenen nach sich ziehen.

Autor:

Budaörser Heimatmuseum aus Bretzfeld

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