Moratorium für das Klima Langwiesen IV Stop für unsinnigen Flächenverbrauch

Sabine Winkler
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Moratorium zur Bauleitplanung

Sehr geehrter BundesBauHeimatminister Seehofer, sehr geehrter Bundeswirtschaftsminister Altmaier,

sehr geehrter B.-W. Ministerpräsident Kretschmann, sehr geehrte B.-W. Wirtschaftsministerin Dr. Hoffmeister-Kraut,

sehr geehrter Bürgermeister Kieser (Brackenheim), Vogl (Cleebronn), Heckmann (Güglingen) und Böhringer (Pfaffenhofen),

sehr geehrte MdL Gurr-Hirsch, sehr geehrter Vorsitzender des DVW Baden-Württemberg e. V. Dipl.-Ing. Holzwarth,

sehr geehrter B.-W. Innenminister und CDU Landesvorsitzender Strobl

sehr geehrter Präsident des Bauernverbandes Rukwied, sehr geehrter B.-W. Landwirtschaftsminister Hauk,

sehr geehrter B.-W. Umweltmininster Untersteller,

liebes Greenteam Schwabenpower, lieber Claus von Wagner,

sehr geehrte Naturparkverwaltung Stromberg-Heuchelberg,

sehr geehrter Neckar-Zaber-Tourismus e.V., sehr geehrter Kraichgau-Stromberg Tourismus e.V.
Pfaffenhofen, 21.04.2019

Wir stellen eine gesteigerte Unmäßigkeit beim Zugriff auf Grund und Boden fest. Im März schlug Bauernpräsident Joachim Rukwied Alarm zum überdurchschnittlichen Flächenfraß, dem gerade die guten und landwirtschaftlich interessanten Böden zum Opfer fallen. Die Heilbronner Stimme schreibt "inakzeptable Dimensionen" im Landkreis Heilbronn, Bauern sprechen von "Wahnsinn" und verbieten ihren Kindern die Fortführung des erschwerten Betriebs. Das statistische Landesamt Baden-Württemberg bestätigte diese Beobachtungen und Erfahrungen im Juni 2018 mit einer rückwirkenden Erhöhung des täglichen Flächenverbrauchs ab 2013 auf durchschnittlich 5,5 Hektar.

Es hat sich eine gut geschmierte Maschinerie mit Gemeinden, Planungsbüros, Umweltgutachtern und Baurechtsbehörden (Landratsämtern, Regierungspräsidien) für den legal geschriebenen Verschleiß eingespielt. Die Nachfrage nach Wohnraum wird von Freiburg bis Heilbronn vorgeschoben. Tatsächlich wird für das Wachstumsdogma, Bedienung von Kapital und Großmannssucht ein fataler Teufelskreis betrieben, hemmungslos werden Industrie- und Gewerbegebiete in die Landschaft gesetzt. Man sagt Bürgerinnen und Bürgern, man wolle Arbeitsplätze schaffen, am anderen Tag heißt es, man wolle Wohnraum für die Arbeitnehmer schaffen, dann will man wieder Arbeitsplätze für die gewachsene Bevölkerung schaffen. Dies vollzieht sich völlig anachronistisch, wider den Strategien zum Flächensparen und ignorant angesichts bereits den sich vollziehenden Katastrophen Insektensterben, Klimawandel und zur Neige gehende Ressourcen (Grundwasser, Trinkwasser, Boden, Sand). Die Vereinten Nationen werden verraten, Gesetze gebeugt.

Wir fordern den Erlass eines Moratoriums für die Bauleitplanung im gesamten Bundesgebiet. Auf den Weg gebrachte und laufende Bebauungsplanverfahren müssen für die nächsten Monate eingefroren werden. Der Flächenraub von landwirtschaftlich genutzten Flächen muss verboten werden.

In dieser Zeit müssen alle, die dem Verschleiß Vorschub leisten, vom Bürgermeister bis Ministerpräsident, insbesondere Protagonisten im Landkreis Heilbronn und dort im Zabergäu, Pflichtstunden zur Bauleitplanung, Raumplanung und Umweltschutz absitzen. Das Dokument der Agenda 21, Kapitel 10 Seite 78 bis 82 "Integrierter Ansatz für die Planung und Bewirtschaftung der Bodenressourcen"von Rio 1992 ist neu zu lesen.
Gegen den Mangel an bezahlbaren Wohnungen müssen die Ursachen behoben werden. Das erfordert erstmal einen weniger kapitalgetriebenen Wohnungsmarkt, mehr Wohnungen in gemeinwohlorientierten Händen (genossenschaftlich, öffentlich, Mietshaussyndikat). Zum anderen ist eine Raumplanung im Sinne des §2 Absatz 2 Raumordnungsgesetz erforderlich, wonach im Gesamtraum der Bundesrepublik ausgeglichene Verhältnisse anzustreben sind. Im grün-schwarzen Baden-Württemberg wird eine falsche Raumplanung praktiziert. Wir brauchen eine gerechte Raumplanung, die nicht Kapital und Wirtschaft im Südwesten konzentriert. Wenn aber gerade im Landkreis Heilbronn ständig mehr angesiedelt und erweitert wird und Menschen von den Magneten angezogen werden während andere Regionen in Folge ausdünnen, braucht man sich nicht wundern, wenn es zum Wohnungsmangel wie auch zum Verkehrskollaps kommt. Beim Fachkräftemangel in der Region ist es absurd, wenn das Totschlagargument Arbeitsplätze vorgeschoben wird, um privatwirtschaftliches Interesse zum öffentlichen Interesse zu erhöhen. Statt hier die Landschaft weiter zu verschleißen, gehören die Betriebe auf Industriebrachen bundesweit verteilt. Damit wird entgegengewirkt, dass Regionen in Ostdeutschland und anderen Teilen strukturschwach werden und bleiben. Die Ausweisung neuer Baugebiete, womöglich mit neuen, den Naturschutz zurücksetzenden Bauordnungen zur Aufnahme von Stadtflüchtigen in Einzelhausgebiete und für marktwirtschaftliche Lösungen gegen die Mietpreisspekulation der Wohnungskonzerne ist nicht zielführend. So wird nur der Teufelskreis wuchernder Siedlungen angefacht. Und will man quadratkilometerweise Wohnraum schaffen, bis endlich so viel Überangebot mit Leerständen entstanden ist, dass die Preise verfallen und Konzerne mit Nebenkosten nicht mehr wuchern können?

Die Agenda 21 fordert in Kapitel 10 "Integrierter Ansatz für die Planung und Bewirtschaftung der Böden" eine integrierte Raum- und Flächennutzungsplanung, um eine wirksamere und schonendere Nutzung des Bodens anzustreben. Ziele und Maßnahmen wurden genannt. Die Regierungen sollen mit Unterstützung regionaler Organisationen sicherstellen, dass durch eine entsprechende Bodenpolitik und bodenpolitisches Instrumentarium eine optimale Flächennutzung erreicht wird. Bis 1998 Ausbau von Institutionen und Koordinierungsstrukturen für Flächen und Bodenressourcen. Bis 2000 Ausbau der Managementsysteme für Flächen und Bodenressourcen. Wo werden in Baden-Württemberg und im Bund die Industrie- und Gewerbebrachflächen koordiniert? Welche Informationssysteme zur Entscheidungsfindung der Flächennutzung gibt es und wie werden sie genutzt? Im Sinne der Agenda 21 würde dies dem Auffinden der Brachflächen helfen. Wie tauglich ist der in der Agenda 21 geforderte ordnungspolitische Rahmen, um eine Einschränkung der Überführung produktiver Ackerflächen in andere Nutzungsformen zu bewirken? Was ist aus den in der Agenda 21 geforderten bewußtseinsbildenden Maßnahmen geworden, um der Bevölkerung (inkl Politiker, Gemeinderäte, Bürgermeister, Unternehmer) die Bedeutung einer integrierten Flächen- und Bodenressourcenbewirtschaftung vor Augen zu führen und verständlich zu machen?

Kommen Sie dabei bitte nicht mit der von den Behörden abgespulten Phrase, die Kommunen hätten mit dem Recht auf kommunale Selbstverwaltung die Gestaltungsfreiheit. Die Kommunen haben eben nicht die Narrenfreiheit gepachtet. Der Passus "im Rahmen der Gesetze" von Artikel 28 GG grenzt diese ein. Das fängt beim Grundgesetz an. So setzt der im Jahre 1994 eingeführte Artikel 20a GG den Rahmen, dass die natürlichen Lebensgrundlagen nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt (also die Bürgermeister) und Gesetzgebung (Gremien, die den Bebauungsplan beschließen) zu schützen sind, auch in Verantwortung für künftige Generationen. Flächennutzungspläne sind im übrigen unverbindlich. Neue Einsichten können Bebauungspläne obsolet machen.

Im 19. Jahrhundert wurden erstmals in Baden und Preußen Gesetze erlassen, um dem Wildwuchs der sich mit der Industrialisierung stürmisch erweiternden Städte zu begegnen. Die Ökopunkteverordnung hat den Wildwuchs mit Bilanzierung legalisiert. Eingriffe in die Landschaft werden mit Eingrünung und Siedlungsbäumen kaschiert. Prächtige Obstbäume mit ihrem gesamten Wirkungsfeld werden mit einem Nistkasten ersetzt. Wo schon Vogelreviere sind, wird einfach mit Nistkästen verdichtet. Stapelung von Oberboden gibt Ökopunkte. Waldrefugien werfen ohne Arbeit Zinsen ab. Den Rückgang von Allerweltsvögeln, Rückgang der Masse an Insekten ignorierend kommen die Gemeinden allein mit der Vermeidung von Verbotstatbeständen des Bundesnaturschutzgesetzes durch. Ackerflächen werden ohne Denken an die Sicherung der Lebensgrundlagen und mögliche ökologische Umstellung prinzipiell als "intensiv genutzt" für die Zahlenspielereien mit Ökopunkten abgewertet. Dabei handeln die Gemeinderäte, die diese Begründungen zu den Bebauungsplänen mit dem "intensiv genutzt" abnicken zynisch, wenn sie mit den Bürgermeistern an die Ortsränder einen Netto, Lidl oder Aldi hinsetzen wo dann die günstig produzierten Lebensmittel verkauft werden.

Ins nächste Jahrzehnt muss ein anderer Zeitgeist mit anderen Köpfen übernommen werden. 2019 muss das Ende der neoliberalen Laissez-faire Ära markieren. Die 1990er Jahre fingen gut an. Die Wende, der Erdgipfel 1992 in Rio. Dann kam nach dem Wahltag 1998 mit rot-grün die Chance, den Nachhaltigkeitsgedanken intensiver voranzutreiben. Der Hoffnungsschimmer wich verlorenen Jahren, die bis heute andauern. Basta-Schröder bewirkte die Ausnahmegenehmigung für die Erweiterung der Hamburger Airbus-Werft ins FFH Gebiet Mühlenberger Loch, damit dort das 2021 wieder eingestampfte A380-Programm starten konnte. Die marktkonforme Kanzlerin Merkel hat stagnierende CO2-Emissionen zu verantworten, hielt entgegen den Nachhaltigkeitsstrategien mit den G7 und G20 am Ressourcen verbrauchenden Wachstumskurs fest.

Lassen Sie sich auf die plurale Ökonomik ein, angefangen bei Tim Jacksons Klassiker "Wohlstand ohne Wachstum", Niko Paechs Postwachstumsökonomie und Christian Felbers Gemeinwohlökonomie. Die Wirtschaftsweise und Siedlungen müssen sich an die gegebenen Grenzen anpassen. Dazu fordert die LINKE zurecht den sozial-ökologischen Umbau, um den aus übermäßiger Profitorientierung resultierenden Wachstumsdruck aus Gesellschaft und Wirtschaft zu nehmen. Es darf nicht sein, dass die Kommunen heute noch neue Baugebiete im Alleingang und ohne Betrachtung des bisherigen Flächenverbrauchs erschließen.

Dipl.-Ing. Matthias Böhringer,

Peter Kochert, Diplom-Naturpädagoge

Baden-Württemberg: Ziel verfehlt, Flächenverbrauch 2018

Fachkräftemangel in der Region Heilbronn-Franken, IHK Heilbronn Franken

Phrasensammlung

Gesetzesgrundlagen

Beitrag der Landnutzung zum Klimaschutz

Das Dokument der Agenda 21, Bundesumweltministerium 1992 unter Minister Klaus Töpfer , behandelt in Kapitel 10 Seite 78 bis 82: "Integrierter Ansatz für die Planung und Bewirtschaftung der Bodenressourcen": Land ist eine begrenzte Ressource. Durch eine entsprechende Bodenpolitik und Instrumentarium soll eine nachhaltige Bewirtschaftung der Bodenressourcen erreicht werden.
Beispiele

Langwiesen IV Teil 1 mit Werk 3 von Layher

Layher deutet auf Fläche in Langwiesen IV, weil man wachsen will - Kapazitätsgrenzen des Naturraums Zabertal ereicht.

Kein Smiley für LIDL-Campus Kochendorf

Der grüne Verrat: Freiburgs Grüne pro neuem Stadtteil

Was die Green City nicht sieht: Ihr Wachstum ist innerdeutscher Flächenkannibalismus. Freiburg wie auch der mittlere Neckarraum wachsen, weil andere schrumpfen.

Wohngebiet Gehrn Erweiterung West, Pfaffenhofen. Aus dem Wunsch nach mehr Einwohnern wird der Bedarf abgeleitet, um die Rodung einer Streuobstwiese inmitten gut strukturierter Landschaft zu begründen. Es hilft ein mangelhafter Umweltbericht mit Zahlenspielereien bei Ökopunkten.

Film Kein Schöner Land über den Flächenfraß im Großraum Reutlingen
Deutschland, 2018

Regie: Sabine Winkler

Die Fortschreibung des Flächennutzungsplans des Nachbarschaftsverbands Reutlingen-Tübingen sieht rund 500 Hektar Fläche für neue Wohn- und Gewerbegebiete vor. Sabine Winkler nahm die Kamera in die Hand, um die Landschaften zu dokumentieren, die im Raum Reutlingen nicht mehr existieren werden. Im Film werden kritische Stimmen zum ewigen Wachstum laut, das entgegen der gebetsmühlenartig von Wirtschaft und Verwaltung verkündeten Botschaft von dessen angeblicher Lebensnotwendigkeit keinen Wohlstand mehr schafft. Denn die Wohnbau- und Gewerbeflächenoffensive zerstört die Lebensgrundlagen und Lebensräume. Die letzten Oasen geraten unter Beton, Asphalt und Autoreifen.

Trailer zum Film auf youtube

BUND Neckar-Alb: Promotion zum Film "Kein Schöner Land"

Schwindende Kulturlandschaft Zabergäu:



Autor:

Peter Kochert aus Pfaffenhofen

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