Namibia Unterstützung e.V.
Post aus Namibia, Teil 1

Margret und Joachim Knoche sind zurzeit in Namibia und berichten von einigen Erfahrungen.
Der Mangel
Ein Freitagabend und der Samstagvormittag waren von einem Online-Partnerschaftsseminar für das südliche Afrika geprägt. Thema war eigentlich „Frauen-Power in den Kirchen“ des südlichen Afrikas, aber schnell wurde klar, dass Männer und Frauen in den Kirchen hier – auch in Leitungspositionen – eigentlich nichts verdienen und meistens ehrenamtlich und für „Gottes Lohn“ arbeiten. Die Gemeinden vor Ort funkti-onieren gut, doch für die Kirchenleitung und für übergeordnete Institute – wie z.B. die Martin-Luther-High-School – ist kein Geld vorhanden. Die Kirchenleitung in Windhoek und die Beschäftigenten haben seit Mo-naten kein Gehalt mehr bekommen, das Landekirchenamt ist geschlossen, die Gästehäuser und die Semi-nare arbeiten ohne Verdienst. Die meisten Angestellten arbeiten „irgendwie“ weiter und hoffen, dass mal „irgendwann“ wieder Geld kommt. Diesen Mangel können wir uns in Deutschland nicht vorstellen.

Dieser allgegenwärtige Mangel ist nicht nur in der Kirche, sondern eigentlich überall, wo wir hinkommen. Den Schulen fehlen Bücher und Materialien, den Schülerheimen fehlen Betten, Matratzen und Schließfä-cher, dass Kinder ihre persönlichen Sachen wegschließen können. Den Schulküchen fehlen Teller, Besteck, Tische und Stühle, den meisten Autos fehlt die Wartung und das Benzin, - und doch läuft das alltägliche Leben. Für Margret und mich ist das im Alltag immer wieder schwer zu ertragen!
Wie kann das funktionieren?
Essen bekommen die Schülerheime vom Staat. Die Regierung stellt immer mal wieder Menschen für be-stimmte Projekte für ein paar Monate ein, so verdienen diese etwas für ein paar Monate und kommen da-mit wieder für weitere Monate über die Runden. Es gibt ca. 20-25% der Namibier, die ein kleines (ca. 100€), ein mittleres (ca. 500€) oder ein gutes (ca. 1000€) regelmäßiges Einkommen haben. Diese MÜSSEN dann ihrer Großfamilie bei allem Mangel helfen. Deshalb ist die arbeitende Bevölkerung auch nur selten fähig zu sparen oder Rücklagen aufzubauen. 2-3% der Namibier sind aber auch so reich wie wir, haben (von der Bank?) riesige, neue Autos, neue Häuser und alle Möglichkeiten, die wir als Touristen auch haben. Diese Parallel-Welten existieren überall, besonders in den Städten, in den oft sehr teuren Lodges und in den Nati-onalparks. Durch die Presse werden in den oberen Schichten auch immer wieder Korruptionen aufgedeckt, die aber leider zumeist nicht konsequent von der Polizei oder der Staatsanwaltschaft verfolgt werden. Politi-sche Freunde aus der Zeit des Unabhängigkeitskampfes werden oft mit Samthandschuhen angefasst.

Beispiele für den Umgang mit dem Mangel
Für Margret und mich stellt sich immer wieder die Frage, wie wir mit solchem Mangel umgehen sollen. In-wieweit müssen wir ihn als „normal“ akzeptieren oder wo können wir etwas verändern.
In den letzten Tagen haben wir uns mit vielen von unseren 80 unterstützten Schülern in den Schülerheimen getroffen.
Da ist z.B. Moreen, die einige von Ihnen vom Sehen her kennen. Sie ist vorne auf unserem Flyer, damals als 9-jähriges Mädchen. Nun ist sie bald 15 Jahre und macht mehr und mehr Schwierigkeiten in der Schule und im Schülerheim. Als eines von vier Kindern einer Alkoholikerin wurden sie und ihre zwei Schwestern von Albertina als Kleinkind aufgenommen. In der Schulzeit ist sie im Schülerheim und in den Ferien bei Al-bertina. Jugendliche in der Pubertät fangen an, ihr Leben zu hinterfragen. Sie sehen, oft auch in Filmen, wie andere Menschen leben. Moreen durfte in den Weihnachtsferien bei einer Frau in Windhoek sein und erleb-te dort ein anderes, schöneres Leben. Nun wieder in Okombahe erfährt sie den Mangel im Schülerheim: zu dritt schläft sie auf einer Matratze ohne Bett, hat kein abschließbares Fach, hat nur selten eine Seife, Waschmittel für die Kleider oder Toilettenartikel als heranwachsendes Mädchen. Nur wenn Albertina etwas übrighat, können auch ihre angenommenen Kinder etwas haben. 17,50€ kann jedes bedürftige Waisenkind oder Kind einer alleinerziehenden Mutter monatlich beim Staat beantragen. Nun hat sie, genauso wie ihre kranke Mutter keine Geburtsurkunde, also keine Möglichkeit staatliche Unterstützung zu bekommen. Mo-reen bricht aus ihrer Situation immer wieder aus, verlässt die Schule und das Schülerheim. Soll die Schule sie jetzt auch noch wegen der Disziplinschwierigkeiten aus dem Schülerheim ausschließen? Wir sind jetzt dran, dass Moreen, ihre Schwester und ihre Mutter erst einmal eine Geburtsurkunde bekommen, was ein ziemlich schwieriger Vorgang ist, zumal die Mutter nur in wachen Momenten fähig ist, auf einer Polizeistati-on Angaben zu ihrer Person zu machen.
Jade, ein anderes Mädchen in unserem Programm und Enkeltochter von Yvonne, der Frau des Pfarrers in Okombahe, kommt mit der Einfachheit des Hostels (Schülerheim) in Okombahe nicht zurecht, da sie vor-her in Omaruru auf der Grundschule in einem etwas besseren Hostel gewesen ist. Yvonne weist sie immer wieder darauf hin, dass sie das so akzeptieren muss, wie die Situation nun mal ist. Viele namibische Kinder sind ab der 1. Klasse in sehr einfachen Hostels untergebracht und müssen mit der Situation fertig werden. Verständnis, aber kein Mitleid wird ihr entgegengebracht.
In dem Hostel in Omaruru, in dem Jade gewesen ist, haben wir seit einigen Jahren ein kleines Mädchen Anglow in unserem Programm. Sie ist aus dem Stamme der San, früher Buschmänner genannt. Sie wurde von einer namibischen Familie in Omaruru aufgenommen, die selber sehr arm ist und Angelow nicht viel bieten kann. Nun ist Angelow 11 Jahre und versucht ihre Situation selber zu verändern. In der letzten Wo-che wurde sie zweimal bei einem Ladendiebstahl erwischt, einmal hat sie sich „schöne Kleider“ besorgt, um sie zu tragen und danach hat sie Süßigkeiten geklaut, um sie am Valentinstag ihren Freunden zu schenken. Ganz normale Bedürfnisse eines Kindes, das nie etwas Extra bekommt und nun selbstständig loszieht. Ei-gentlich fliegt sie durch den zweifachen Diebstahl aus unserem Programm raus, nun ist die empathische Rektorin mit uns im Gespräch und wir suchen nach einer guten Lösung für Angelow. Werfen wir Moreen und Angelow aus unserem Programm, dann landen sie auf der Straße, oder ihre bedürftigen Ersatzeltern müssen auch sie noch mit durchfüttern. Sozialarbeiter haben hier ein weites Feld der Betätigung.
So viel für heute, vielen Dank für Ihr Interesse an den Menschen in Namibia von Joachim Knoche

www.namibia-verein.de, kontakt@namibia-verin.de

Autor:

Namibia Unterstützung - Verein für christliche humanitäre Zusammenarbeit e.V. aus Pfedelbach

Unterhöfener Str. 11, 74629 Pfedelbach
+49 7949 940269
kontakt@namibia-verein.de
Webseite von Namibia Unterstützung - Verein für christliche humanitäre Zusammenarbeit e.V.
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