Namibia Unterstützung e.V.
Post aus Namibia, Teil 2

Nun sind Margret und Joachim Knoche schon einen Monat in Namibia und berichten von einigen Erlebnissen dort:
Beerdigung des Präsidenten
Am letzten Sonntag wurde nach drei Wochen der verstorbene Präsident Hage Gaingob (endlich) begraben, eine intensive Zeit mit vielen Nachrufen und Erinnerungen. Alle Schulen und Einrichtungen mussten einen Trauertag gestalten.
Seine Menschlichkeit, seine ungezwungene Nähe zu den Namibiern, sein christlicher Glaube, aber auch seine offenen, oft unbequemen Worte gegenüber Namibiern, aber z.B. auch gegenüber der Israelpolitik Deutschlands, … wurden im Nachhinein immer wieder hervorgehoben und gelobt. Solche Worte hört man nur am Grab, denn früher hat er sich durch seine Offenheit auch Feinde gemacht. Das Wochenende war von Freitag bis Montag für alle Namibier frei. Bei dem Staatsbegräbnis war ein Segen (!) auch Frank Walter Steinmeier anwesend, ich glaube der einzige, nicht sozialistische Präsident. Das war ein wichtiges und gu-tes Zeichen für die angespannte Beziehung zwischen Namibia und Deutschland.

Weitere Aspekte zum Thema Mangel
Im letzten Brief habe ich viel über den Mangel geschrieben, der durch die Armut der Menschen hervorgeru-fen ist. Aber in vielen Gesprächen mit Einheimischen wird mir immer deutlicher, dass dieser Mangel viele unterschiedliche Seiten hat. Zum Beispiel erfahre ich eben, dass Yvonne heute keine Suppenküche veran-stalten kann, da wieder mal in Okombahe – ohne vorherige Bekanntgabe – das Wasser abgestellt wurde. Warum in den letzten Monaten das Wasser immer wieder für mehrere Tage abgestellt wird, scheint nie-mand offiziell beantworten zu können. Liegt es am gesunkenen Grundwasserspiegel, liegt es an den Rohren, liegt es an menschlicher Unzuverlässigkeit, oder, oder… Nun wird auch das Schülerheim kein Wasser haben. Jetzt muss irgendwo im Ort für viele Menschen sauberes Wasser organisiert werden. Vielleicht bringt die Regierung morgen auch einen Tanklaster vorbei, falls das Wasser längere Zeit weg ist. Die Sorge um die Grundbedürfnisse macht das alltägliche Leben so anstrengend, dass man sich um weitere Probleme oft nicht kümmern will und kann.

Die Bäckerei in Okombahe, die wir eine Zeitlang als Start-Up unterstützt haben, zeigt für mich immer deut-licher, wie menschliche Schuld oft Gründe für den Mangel sind. Vielleicht aus Not, aber doch kriminell verschwanden letztes Jahr Mehlsäcke und Geld in den eigenen Taschen, aber schlimmer noch ist das Ener-gieunternehmen, das in den Topetagen Millionen veruntreut hat, aber bei den kleinen Projekten so viel Geld allein für die Bereitstellung des Stroms abzieht, dass ein Dorfprojekt gar nicht überleben kann.
Zusätzlich erzählte uns Yvonne, die seit November versucht die Bäckerei in Okombahe am Laufen zu hal-ten, gestern folgendes: Sie war die letzte Woche bei einer Fortbildung und übergab die Verantwortung einer Mitarbeiterin, die wir schon lange kennen. Als Yvonne zurückkam, beklagte die Mitarbeiterin, dass ihr das eingenommene Geld gestohlen sei. Seltsamerweise konnte ein Verwandter von ihr plötzlich viel Fleisch verkaufen. Die Polizei nimmt den Fall auf, aber wie so häufig müssen die Bestohlenen Beweise vorbringen, die die Polizei von sich aus nicht findet. Dass bedürftige Menschen sich untereinander so korrupt verhalten und die Polizei auch noch zuschaut, war für mich früher nicht vorstellbar.

Zurzeit lese ich hier in Namibia gerade das zweite Buch der namibischen Politikerin Libertina Amathila „The Emty Armchair“. Dabei beschreibt sie ihren „Ruhestand“, in dem sie noch eine professionelle Farmerin wurde. Als stolze Namibierin hat sie zwanzig Jahre in hohen Regierungsämtern dem Staat gedient und ist nun auch von einigen Haltungen der Namibier enttäuscht. Die allgemeine Mentalität des „Gib mir“ (autere) beschreibt sie sehr deutlich an einem Beispiel. Eine Wasserpumpe, die mehrere Farmer auf einer von der Regierung vergebenen Farm (resettlement farm) gemeinsam benutzen, funktionierte nicht mehr. Sie jam-merten über das fehlende Wasser. Nur ein Riemen war gerissen, der umgerechnet 9.-€ kostet. Keiner woll-te den bezahlen, obwohl sie genügend Geld hatten, um in die Gastwirtschaft zu gehen. Es gehört ja nicht mir alleine, die Regierung soll das bezahlen.

Diese Mentalität des „Gib mir“ (autere) erfahren wir auch immer wieder. Lange habe ich mich mit dem ers-ten Verwaltungsbeamten des Landratsamtes in Okombahe unterhalten. Er hat in Omaruru für nächstes Wochenende ein Sportturnier organisiert, hat für Transport, und neue Trickots gesorgt, nun fehlen aber noch Getränke und etwas Essen. Keiner der Eltern ist bereit etwas dazuzugeben. Und ohne vollständige Versorgung wird das Sportturnier nicht stattfinden. Aber da habe ich auch NEIN gesagt, denn Eltern müs-sen mit der Zeit erzogen werden, einen Eigenbeitrag dazuzugeben. Diese Mentalität des „Gib mir“ (autere) verhindert so viel eigene Entwicklung und macht für Margret und mich den Grad der Hilfe so schwer: Wo müssen wir helfen, weil sonst nichts vorangeht und wo unterstützen wir die unselige Mentalität des „Autere“.
Nun habe ich aber genug vom Mangel und den Problemen erzählt, nächstes Mal will ich auch von positiven Erfolgsgeschichten erzählen.
So viel für heute, vielen Dank für Ihr Interesse an den Menschen in Namibia von Joachim Knoche
www.namibia-verein.de
kontakt@namibia-verin.de

Autor:

Namibia Unterstützung - Verein für christliche humanitäre Zusammenarbeit e.V. aus Pfedelbach

Unterhöfener Str. 11, 74629 Pfedelbach
+49 7949 940269
kontakt@namibia-verein.de
Webseite von Namibia Unterstützung - Verein für christliche humanitäre Zusammenarbeit e.V.
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