Jugend, Corona und Achtsamkeit
Nachdem es kürzlich (HS vom 02.04.) bei den romantischen Seen bei Stein gegen Jugen-liche wegen des Verstoßes gegen aktuelle Versammlungsauflagen zu einer Anzeige kam, wurde ein Leser der Heilbronner Stimme Zeuge einer Unterhaltung zwischen einem Gän-seblümchen und dem Deckel einer Corona-Flasche, die sich unter einer Bank an einem See entwickelte.
Gänseblümchen: He, Alter, was machst Du denn hier?
Corona-Deckel: Ey, was willst Du? Conny hat mich gestern Nachmittag hierher gepfropft.
Gänseblümchen: Wer ist Conny? Und was heißt das: Hierher gepfropft?
Corona-Deckel: Conny wohnt in Stein. Er hat mich und 24 meiner Flaschenbrüder beim Lidl gekauft und ist mit seinen Kumpels aus Langeweile hierher zum Saufen. Weil es so schön ist hier. Sonst können sie sich ja nicht treffen. Klar, Versammlungsverbot über drei Leute. Sie waren aber fünf. Prompt sind Bullen aufgetaucht. Zwei von ihnen haben sich dann verdrückt. Wie die Karpfen im See – husch und weg! Conny, Ronny und Nanny sind hiergeblieben, mit der Bierkiste und fünf Pizzas. Die haben gleich losgesoffen. Mit uns De-ckeln konnten sie nix anfangen. Wir sind zwischen Kippen, verrotzten Tempos und Zigaret-tenhülsen hier gelandet. Nicht ganz freiwillig. Hier liegen wir vielleicht bis zum nächsten Jahrtausend. Wer weiß, ob dann noch jemand kapiert, was Corona heißt...
Gänseblümchen: Moment mal: Konnten die nicht woanders saufen statt hier in der Gänseblümchenwiese am Ufer mit friedlichen Hängeweiden, netten Kleinfamilien und freundlichen Joggern?
Corona-Deckel: Das war denen doch wurst! Die sehen doch nur sich. Was um sie rum passiert, ist wie ein Film, der an ihnen vorbeigeht. Hauptsache Flasche auf, „Ey, ist noch Pizza übrig?“ oder „Fuck! Diese Corona-Scheiße! Hast Du mir ‘ne Kippe, Alter?“
Gänseblümchen: Und warum hast Du Dich einfach so wegschmeißen lassen?
Corona-Deckel: Hör mal, liebes Blümchen! Was würdest Du denn machen, wenn Dich ein Wanderfritze rausreißt, um seine Stiefelsohlen zu putzen?
Gänseblünchen (überlegt…)
Corona-Deckel: Gib zu: (lacht) Wenn Du könntest zurück zu den Gänsen, gell? Das Problem ist, dass die Corona-Gang eigentlich gar nichts dafür kann. Die haben keinen Schimmer von Naturschutz. An Sylvester lassen sie die Böllerleichen auf der Straße lie-gen. Flaschen, Plastikbecher, Kippen – alles Müll. Also Tschüß, macht‘s gut! So sind sie erzogen worden worden. Daheim wird ihnen nix anderes beigebracht. Stehen die im Bus auf, wenn ‘ne Oma ‘n Platz sucht? Und in der Schule? Nix Langweiligeres als Ökologie, Religion oder einfach mal nachdenken! Jeder Hip-Hop-Song ist geiler. Nach der großen Pause machen die Hausmeister den Scheiß weg. Lernen? Rücksichtnahme? Respekt gegenüber Fremden, sozial Schwachen und Andersdenkenden? Ich bezweifle auch, dass die Lehrpläne einen Zusammenhang zwischen der Corona und Naturschutz sehen und falsche Töne im ganzen Naturorchester hören. Wie ist es denn bei euch, Blümchen?
Gänseblümchen: Naja, wir halten zusammen hier unter der Bank. Freuen uns über die Sonne, den Wind, den Regen. Wenn die Karpfen springen, lachen wir. Und wenn ein Hündchen mal Pipi muss, dann werden wir halt nass… (kichert). Die Anemonen lachen uns an, dier Löwenzahn beißt uns nicht, der Klee um uns ist dreiblättrig und trotzdem glücklich. Selbst Unkraut soll wachsen. Es gehört zu uns. Wir passen aufeinander auf, liefern den anderen Schatten, schicken Würmer weiter. Wenn ich eine Brennessel küsse, piekst sie mich nicht. Natürlich muss ich ein bisschen Abstand halten. Meine Wurzeln sollen auch anderen nicht den Platz wegnehmen. Rasenmäher sind, wie Du weißt, nicht unsere Erfindungen, aber sie zeigen Platzhirschen und Egoisten unter uns die Kante. Bei uns gibt es jedenfalls kein Corona.
Corona-Deckel: (schaut gerührt nach oben) Sag mal, kann ich hier bleiben?
Autor:Ludwig Stark aus Neuenstadt |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.