Von wegen Umgehungsstraße. Eine Erschließungsstraße wird gebaut.
Im Zabergäu wird die neue L1103 als Umgehungsstraße zur Entlastung von Pfaffenhofen und Güglingen beworben. Bei näherer Betrachtung ist sie nur eine Erschließungsstraße für das neue Gewerbegebiet Cappishaupt östl. Pfaffenhofen und die weiteren Industriegebiete.
Erschließungsstraße für die falsche Raumplanung
Zur Rushhour morgens und abends stöhnen die Anwohner der Ortsdurchfahrten in Pfaffenhofen und Güglingen über den Strom der PKWs, SUVs, Kleinlaster und Schwerlaster. Tatsächlich hat der Verkehr in den letzten Jahren zugenommen. Der Schwerlastverkehr war auch Schwerpunkthema auf der vom Güglinger Bürgermeister Heckmann geleiteten Bürgerversammlung am 13. November. An vielen Orten im Landkreis Heilbronn wird derzeit die Verkehrsbelastung diskutiert wie auch der Wohnungsmangel. Doch das sind nicht zuletzt auch Sympthome einer falschen Raumplanung die hier im Südwesten, insbesondere Landkreis Heilbronn Gewerbe- und Industrie konzentriert, statt das Brachen in strukturschwachen Gebieten der Bundesrepublik wiederbelebt werden. Aber man kriegt hierzulande ja den Hals nicht voll und will überall der "Meister", der "Größte" sein, das Superlativ bieten. Bürgermeister Heckmann lobte auf der Versammlung das direkte Gespräch. Nun, bei Wachstumskritik war er bislang nicht so offen, wo ist die Bereitschaft zu Gesprächen zu Postwachstum und Gemeinwohlökonomie mit Experten angesichts der nahenden Klimakatastrophe (siehe IPCC-Bericht vom 8.10.18 zum 1,5 Grad Ziel und Perspektive ab 2040), des Verkehrskollaps und der Wandlung des Zabertals zum Moloch?
Neues Gewergebiet Cappishaupt östlich Pfaffenhofen
Nun wird die neue L1103 als erlösende Umgehung beworben. Der Abschnitt Pfaffenhofen - Güglingen wurde am 30.3.2017 planfestgestellt, man kann die Pläne vom Verkehrsministerium runterladen. Von Umgehung ist da aber nicht viel zu sehen. Denn zum einen wird mitten durch Pfaffenhofen südlich der Zaber ab dem Knotenpunkt eine Bresche geschlagen und in Nähe des Umspannwerks wird eine Einmündung in das von Bürgermeister Böhringer gewünschte Gewerbegebiet "Cappishaupt" geplant. Im Strategieplan Pfaffenhofen 2030 sowie im Flächennutzungsplan ist dieses neue Gewerbegebiet bereits ausgewiesen. Vom Skywalk Pfaffenhofen Richtung Michaelsberg sieht man da noch Felder.
Trügerisches Bild der topographischen Karte 2007
In der Planfeststellung von 2017 sind in einer Karte von 2007 die Varianten der Umgehungsstraße eingezeichnet (Diese Variantenplanung zeigt den Stand 5.11.2010). Der Kartenhintergrund 1:25000 zeigt noch ein trügerisches Bild eines idyllischen Zabergäus. Für diesen Beitrag wurden als Baustellen die seitdem hinzugekommenen und noch kommenden Gewerbe- und Industriegebiete eingezeichnet:
- Cappishaupt zwischen Pfaffenhofen und Güglingen
- Burgweg mit Werk 2 von Layher
- Lüssen
- Einzelhandelszentrum, Feuerwehr, Bauhof und Renner
- Langwiesen IV. Davon soll jetzt Teil 1, die östliche Hälfte mit Werk 3 von Layher bebaut werden. Teil 2 Richtung Winzergenossenschaft und Straße Frauenzimmern - Cleebronn soll folgen.
- Langwiesen III
- Langwiesen III südlich des Römerwegs mit TAXIS
Die Variante 3A/B klappert all diese Gebiete ab. Wie kann man da noch von einer Umgehungsstraße sprechen? Die Straße wird eine Erschließungsstraße für diese anachronistischen Flächenumwandlungen sein. Nach Jahren der Bauwut haben die Bürgermeister Böhringer, a. D. Dieterich und Kieser die Zerstörung des Zabertals für wenige tausend Einwohner und das Mantra Wachstum vorangetrieben. Auch der "Neue" BM Heckmann arbeitet mit Langwiesen IV weiter am Zerstörungswerk.
Die Belastung kommt in Süd-Nord Richtung
Dass die neue Zabertalstraße gar nicht zur Entlastung von Pfaffenhofen und Güglingen beitragen kann, beweist der in großen Teilen von Norden nach Güglingen über Eppingen von der A5 / A6 sowie der von Süden über Ochsenbach - Bietigheim von der A81 anrollende Schwerlastverkehr. Der SWR berichtete bereits über das geplagte Dorf Ochsenbach im benachbarten Kirbachtal, eine Bürgerinitiative gegen den LKW-Verkehr wurde gegründet und am 30.10.2017 fand eine Demo der Dorfgemeinschaften Ochsenbach und Spielberg mit Blockade der Straße statt.
Der verkehrsgefährdende Stau der langen LKWs vor dem Layher-Tor an der Ortsumfahrung Eibensbach von Ochsenbach kommend ist dokumentiert.
Keine Entlastung im oberen Zabergäu
Verkehrsminister Hermann von Baden-Württemberg wird wissen, dass noch mehr Straßen noch mehr Verkehr anzieht. An der nördlichen Talseite von Pfaffenhofen fühlt man sich im Sommer bei offenem Fenster bereits jetzt wie an der Landstraße wohnend, da die Fahrgeräusche herüberschallen und von den Hängen reflektiert werden. Für diesen Abschnitt Richtung Zaberfeld ist im enger werdenden Tal gar keine Umgehung ohne Tunnel möglich. Die Entlastung, die man sich für Pfaffenhofen ab der Zaberbrücke und Güglingen erhofft, trifft für die Gebiete Häsle und Gehrn von Pfaffenhofen, Weiler, Zaberfeld, Leonbronn und Sternenfels Richtung Enzkreis nicht zu.
Es gibt also 2 Verkehrsströme im Zabertal: Ost-West und Nord-Süd. Wobei Betriebe im Zabergäu auch in allen Richtungen unterwegs sind, so z. B. Achauer aus Pfaffenhofen mit den Kompost-Lastern erst nach Güglingen, dann über den Berg nach Ochsenbach.
Auch Brackenheim sollte sich fragen, wohin das führen soll. Seit den Kreiseln hat der Verkehr merklich zugenommen und ein Einschwenken auf die Ortsdurchfahrt ist abseits der Kreisverkehre kaum möglich. Wird Brackenheim den Verkehr von der neuen L1103, neuen Industriegebieten aufnehmen können?
Autor:Matthias Böhringer aus Pfaffenhofen |
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