Fernstraßen fürs Leben: rettende Netzwerke für Wildkatze, Schmetterling und Co.
Fast jeder träumt derzeit nach den Corona-Einschränkungen einmal rauszukommen. Der Tapetenwechsel fällt uns Menschen leicht, ob Auto oder Flieger, die Infrastruktur ist da. Und am Urlaubsort finden wir alles, was wir brauchen. Insekten, Pflanzen, Vögeln, fehlt genau das: eine artgerechte Infrastruktur, um sicher von A nach B zu kommen. Deshalb gibt es beim BUND die Projekte Rettungsnetz Wildkatze, Biotopverbund Offenland und Schmetterlingsland Baden-Württemberg. Das Ziel: vernetzte Lebenswelten im Biotopverbund. Damit aus "grau, trostlos und zerstückelt" wieder "bunt, vielfältig und verbunden" wird.
Ein paar bittere Fakten zum Anfang - und passend zum heutigen Weltumwelttag 2020:
- Jedes Jahr wird in Baden-Württemberg eine Fläche in der Größe von 2.360 Fußballplätze zugebaut, betoniert oder geteert. Täglich 4,5 Hektar (Statistisches Landesamt, 2018).
- 45 Prozent der Landesfläche nutzt die Landwirtschaft. Nur ein Bruchteil davon hat einen hohen Naturwert, beispielsweise als Streuobstwiesen, Wacholderheiden oder artenreiches Grünland.
- Jedes Jahr sterben Hunderttausende Wildtiere im Straßenverkehr. Im Jahr 2018/2019 wurden dabei rund 230.000 Schwarzwild- und Rehwild-Exemplare getötet. (Statista 2019)
- Mit den momentan vorhandenen Schutzgebietsinseln können nur 30 bis 40 % der Tier- und Pflanzenarten dauerhaft erhalten werden.
Kurzum: Den Platz, der Mensch für sich beansprucht, hat gravierende Auswirkungen für die Tier- und Pflanzenwelt. Flächenverbrauch, Zerschneidung und Verinselung von Lebensräumen gehören zu den größten Bedrohungen für die Artenvielfalt. Das bedeutet: Pflanzen können sich so nicht mehr ausbreiten, Tiere können weder Fortpflanzungspartner noch Nahrung finden und auch nicht in neue Lebensräume ausweichen. Was in Zeiten der Klimakrise noch verheerender wird.
Was tun? Netzwerke statt Inseln
Die Zeit drängt: „Nur wenn wir es schaffen, ein engmaschiges Netz an Naturverbindungen aufzubauen, können wir das Artensterben stoppen. Nur so geben wir Wildkatzen, Schmetterlingen und vielen anderen Arten eine Überlebenschance“, sagt Brigitte Dahlbender, Vorsitzendes des BUND-Landesverbands. Und dabei kann jede:r auch im Kleinen mitwirken - zum Beispiel, indem er seinen Schottergarten rückbaut oder statt einem monotonen, lebensfeindlichen Rasen eine (Blüh-)Wiese anlegt. Denn jede Form natürlichen Grüns, ist schon ein Trittstein im Rahmen der Lebensraumvernetzung für unsere grünen Freunde und für Sechsbeiner, Vierfüßler oder Piepmätze.
Drei BUND-Projekte zeigen, wie es auch in größerem Stil gehen kann:
1.) Rettungsnetz Wildkatze
Mit seinem Projekt Rettungsnetz Wildkatze errichtet der BUND mit seinen Ortsgruppen grüne Korridore aus Sträuchern und Bäumen zwischen den Wäldern. So entstehen Wege, die es der Wildkatze und vielen anderen Wildtieren ermöglichen von A nach B zu wandern und in der offenen Landschaft Deckung zu finden. Barrieren wie Straßen müssen mit Querungshilfen (beispielsweise Grünbrücken) überwindbar gemacht werden, sodass die Wildkatze und andere Wildtiere dort nicht mehr zu Tode kommen. Das BUND-Ziel in Baden-Württemberg ist, dass die Wildtiere künftig sicher vom Nordschwarzwald zum Schönbuch bis hin zum Schwäbisch-Fränkischen Wald hin und her wandern können. Dabei steht die Wildkatze stellvertretend für eine große Zahl anderer Arten, die ebenso von diesem Rettungsnetz profitieren.
(mehr hier: https://www.bund-bawue.de/themen/tiere-pflanzen/wildkatze/)
2.) Schmetterlingsland Baden-Württemberg
Schmetterlingsschutz bedeutet vor allem blühende Wiesen und Ackerraine, gestufte vielfältige Waldränder – mit Krautsäumen, Sträuchern und kleinere Bäumen – sowie naturnahe Bach- und Grabenränder. Im Projekt Schmetterlingsland legt der BUND in Kooperation mit Landwirt:innen und Kommunen Blühflächen in Parks oder Ackerrandstreifen an. Gemeinsam mit der Parkpflege des Zoologisch-Botanischen Garten Wilhelma hat der BUND beispielsweise ein Pflegekonzept entwickelt: Acht Projektwiesen werden nun seltener gemäht, kaum gedüngt und es bleiben Altgrasinseln stehen. So können die Schmetterlinge von Lebensraum zu Lebensraum und von Nektartankstelle zu Nektartankstelle fliegen. Damit sich die Falter an den Klimawandel anpassen können, brauchen sie ein dichtes Netz größerer Blühflächen mit mehrjährigen heimischen Blütenpflanzen. Ein Projekt, das eine Vielzahl anderer Insektenarten und auch Vögel zugute kommt.
(mehr über: https://www.bund-bawue.de/themen/tiere-pflanzen/schmetterlingsland-baden-wuerttemberg/)
Verbundene Lebensräume in Städten und Gemeinden: Biotopverbund Offenland
Der BUND hat in den letzten Jahren am Beispiel von Nürtingen und Stockach gezeigt, wie Kommunen dauerhaft artenreiche Biotopinseln im Offenland verbinden können. Damit sind Landschaften gemeint, die weder besiedelt noch bewaldet sind. Also: Acker-, Grünland, Heiden oder Moore. Expert:innen aus Naturschutz, Landwirtschaft, Verwaltung und Jagd oder Landespolitik haben Hand in Hand gearbeitet und Tümpel für Amphibien angelegt, Hecken für Vögel gepflanzt, Blühstreifen für Insekten eingesät. Diese verschiedenen Lebensräume bieten nun seltenen Arten wie Wildbienen, Apollofaltern und Rebhühnern wichtige Nahrungs- und Fortpflanzungslebensräume.
Gefördert wurde das Projekt durch das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg. Unterstützt durch die Landesanstalt für Umwelt (LUBW).
Weitere Infos: https://www.bund-bawue.de/themen/natur-landwirtschaft/biotopverbund/biotopverbund-offenland/
Übrigens: Wir suchen noch weitere "Freunde der Erde", die sich mit uns für den Umwelt- und Naturschutz engagieren möchten. Melden Sie sich bei uns, wir finden bestimmt ein Projekt, bei dem genau Sie mit Ihren Interessen und Fähigkeiten noch gefehlt haben! Versprochen!
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