Synagoge Affaltrach
„Die politische Lage in Heilbronn in der Weimarer Republik und nach der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler – Zustimmung, Anpassung, Widerstand“
Im Johanniterhaus der evangelischen Gemeinde Affaltrach beeindruckt Markus Dieterich seine Zuhörer im voll besetzten Saal mit akribisch ausgearbeiteten Zahlen, Daten und Fakten zur politischen und wirtschaftlichen Situation in der Weimarer Republik. Die Weltwirtschaftskrise 1929-1932 mit einem enormen Rückgang der Industrieproduktion (1928–33 minus 44%) und des Sozialprodukts, der enorme Anstieg der Arbeitslosen (1929:1,3 Mio. - 1933: 6,1 Mio.), eine extrem gestiegene Auslandsverschuldung (1924: 0,17 Mrd. – 1929: 1,225 Mrd.), sowie die Situation des Mittelstands, der durch Kriegswirren, Inflation, Rationalisierungsphase und Weltwirtschaftskrise verproletarisierte und verarmte, waren Nährboden für den aufstrebenden Nationalsozialismus, der alle Deutschen in einem einzigen Staat vereinen wollte. Der Antisemitismus hatte neben dem übersteigerten Nationalismus eine zentrale Bedeutung für die nationalsozialistische Ideologie, war jedoch nicht dessen Erfindung und nicht nur von nationalsozialistischen Anhängern vertreten. Turnvater Jahn beispielsweise rief die Burschenschafter und Turner zu einem heiligen Kreuzzug gegen alles Fremde, gegen Franzosen, Junker und Juden auf. Die Nationalsozialisten präsentieren dem durch die ökonomische Krise bedrohten Mittelstand die Juden als Verantwortliche und ziehen so die eigentlichen Ursachen für die Krise und soziale Deklassierung aus dem Blickfeld. Die historisch bekannte Sündenbocktheorie lebt hier weiter.
Letztendlich beginnt die Errichtung des NS-Regimes mit politischem Terror, gefolgt von der Arisierung.
Wer tiefer in das Thema einsteigen möchte, wird in dem Buch Markus Dieterichs „Es kann uns den Kopf kosten: Antifaschismus und Widerstand in Heilbronn 1930-1939“ sicher fündig.
Der Freundeskreis der ehemaligen Synagoge Affaltrach e.V. und alle interessierten Gäste bedanken sich mit Applaus für den ausführlichen Vortrag. In der im Anschluss stattfindenden Mitgliederversammlung des Freundeskreises schaut man in viele beeindruckte, aber auch nachdenkliche Gesichter.
Sonja Weller
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