Ressourcen clever nutzen
Staatssekretär Baumann besucht Heilbronn
Auf Einladung der Heilbronner Landtagsabgeordneten besuchte Umweltstaatssekretär Dr. Andre Baumann Entsorgungs- und Verwertungsunternehmen in Heilbronn
Kreislaufwirtschaft und Ressourceneffizienz – das waren die Themen, zu denen Dr. Andre Baumann, Staatssekretär im baden-württembergischen Umweltministerium, als Gast der Landtagsabgeordneten Gudula Achterberg MdL in Heilbronn unterwegs war. Bei Unternehmensbesuchen beim Entsorgungsbetrieb Alba und beim Dienstleister für die Entsorgung und Verwertung mineralischer Abfälle SER/RUZ tauschten sich die Unternehmensvertreter und die beiden Landespolitiker zum Teil fachlich tiefgründig aus – und identifizierten einige Schnittmengen in Bezug darauf, wo Rahmenbedingungen in beiden Themenbereichen verbessert werden müssen.
Ein Müll-Aufkommen von rund 70.000 Tonnen pro Jahr und 17.000 bis 21.000 Behälterleerungen täglich allein bei Alba, dem Entsorgungsunternehmen des Landkreises, der im Heilbronner Stadtkreis auch Bio-, Restmüll und den gelben Sack abholt, macht deutlich: In der Steuerung der Abfallströme liegt der Schlüssel für Wertstoffkreisläufe. Staatssekretär Baumann fordert eine konsequente Mülltrennung. „In die Restmülltonne gehört Restmüll wie Windeln, Kehricht und Zigaretten. Wertstoffe gehören in eine Wertstofftonne, Bioabfall in die Biotonne“, sagt er. Eine Studie des Umweltbundesamtes habe gezeigt, dass rund zwei Drittel der Restmülltonne falsch eingeworfener Bioabfall und Wertstoffe seien: „Hier gehen wertvolle Rohstoffe verloren und werden verbrannt. Das ist schlecht fürs Klima, für die Wirtschaft, die die Rohstoffe braucht, und auch schlecht für den Geldbeutel der Bürgerinnen und Bürger.“ Nachweislich helfe die Biotonnen-Pflicht, Restmüllmengen zu verringern und gleichzeitig mehr Masse für Vergärungs- und Biogasanlagen zu gewinnen, die wiederum für Wärme- und Stromproduktion im Sinne der Energiewende sorgen. Wo Bioabfall günstiger werde, funktioniere diese Umkehr, stellt Baumann klar Derzeit würden im Land 230.000 Haushalte mit der Energie aus Bioabfallvergärungsanlagen versorgt. “Die Steuerung gelingt gut über die Gebühren“, wie etwa der Landkreis Göppingen in der aktuellen Abfallbilanz des Landes bewiesen habe. „Mülltrennen muss sich für die Bürgerinnen und Bürger lohnen. Wer vorbildlich trennt, spart schon jetzt und sollte am besten noch mehr sparen.“
Akkus als Zeitbomben
Teils drastisch führten Alba-Geschäftsführer Hannes Oesterle und Niederlassungsleiter Hendrik Jessen den Gästen vor Augen, wie Brände von Batterien oder Lithium-Ionen-Akkus die Branche seit zirka 15 Jahren zunehmend belasten. „Die fahren mit Zeitbomben durchs Land“, wies Pressesprecher Dr. Mathias Hochstätter etwa auf E-Scooter hin – ein Problem von vielen: Einweg-E-Zigaretten hätten einen Lithium-Gehalt vergleichbar wie ein Handy-Akku und würden genau wie diese häufig im Restmüll entsorgt. Zwei Beispiele nur für Auslöser von Bränden in Betriebshöfen oder, schlimmer meist, direkt in Müllfahrzeugen. Eine Folge, neben der Gefahr für Mitarbeiter*innen und Feuerwehrleuten: Es gebe nur noch wenige Versicherer, die für die großen Schäden durch Akkus und Batterien aufkommen, was künftig die Entsorgung teurer machen könnte.
Pfandsystem und Kontrolle
Baumann kennt die Problematik und befürwortet die Forderung nach mehr Kontrolle und auch Sanktionierung bei unsachgemäßer Entsorgung. Ein Lösungsansatz sei, dass Akkus mit einem Pfand belegt werden. Immerhin sei die Novelle der EU-Batterieverordnung auf dem Weg, in der festgeschrieben werden solle, dass Akkus - wieder – herausnehmbar sein und separat gesammelt werden müssen.
Gleisschotter frisch aus der Wäsche
Ein Paradebeispiel für Kreislaufwirtschaft zeigen die SER/RUZ-Geschäftsführer Markus von Olnhausen und Markus Salmen im Industriegebiet: Eine von wenigen Gleisschotterwaschanlagen in Deutschland bereitet dort, fast im Verhältnis 1:1, Recycling-Gleisschotter und -Splitte zur Wiederverwendung auf, beispielsweise zum Wiedereinbau auf Bahnstrecken. Ein Nebenprodukt ist, neben Sand verschiedener Güte, kleinkörnigeres Gestein, das als so genannter Zuschlagstoff für Recycling-Beton (R-Beton) genutzt werden könnte – wenn es die entsprechende DIN-Norm erlauben würde. Auf einem benachbarten Betriebshof zeigt die SER-Gruppe gemeinsam mit Stefan Heger, Geschäftsführer der Heidelberg Materials Mineralik DE GmbH, Recycling-Gesteinsfraktionen, die für die Wiederverwertung im R-Beton zugelassen sind. In der Diskussion mit Staatssekretär Andre Baumann sind sich die Experten einig, dass Nachbesserungen bei der Wiederverwendung mineralischer Rückbaumaterialien nötig sind: „Wir müssen die Ersatzbaustoff-Verordnung auf einen baden-württembergischen Weg bringen“, sagt Baumann. Das Zahlenbeispiel, das von Olnhausen anführt, erläutert den Bedarf: „Gebraucht werden in Deutschland jährlich 400 Mio. Tonnen Zuschlagstoffe (inkl. Primärbaustoffen), derzeit fallen in Deutschland rund 220 Mio. Tonnen mineralische Bauabfälle (inkl. Bodenaushubmaterial) an. Entsprechend kann Recycling- bzw. ressourcenschonendes Material nur einen Teil der Primärbaustoffe ersetzen.“
Recycling beginnt schon beim Bauen
Interessiert verfolgen die politischen Gäste, wie die SER-Gruppe, in diesem Frühjahr von Heidelberg Materials übernommen, den so genannten „Grünen Abbruch“ perfektionieren will: „Im Idealfall beginnt Recycling beim Bau, nämlich mit der Frage, wie sich die verwendeten Baustoffe irgendwann wieder verwerten lassen.“ Von Olnhausen, der seit 30 Jahren mit der Materie vertraut ist, schildert, wie die Unternehmensgruppe Abbrucharbeiten angeht: „Es gibt Beispiele wie das ehemalige Heilbronner Kaufhaus Bartel, wo wir Abrissmaterial fast zu 100 Prozent aufbereiten können“, sagt er. Rund 25 Prozent Recyclingmaterial könne heute beim Neubau Primärrohstoffe ersetzen. Heger ergänzt: „In hoch verdichteten Städten ist gar kein Platz zum neu bauen – da muss man zuerst abreißen.“ Dies in zunehmend geschlossenen Kreisläufen zu tun, strebe Heidelberg Materials mit dem Know How der SER-Gruppe an.
Die Währung ist CO2
17 Jahre habe der Kampf bis zur Novellierung der Mantelverordnung Ende Juli gedauert, verweist Baumann auf große Zusammenhänge. Besiegelt sei damit das Ende der Abfalleigenschaft recyclingfähiger Materialien. „Jetzt gilt es, hochwertige Sekundärbaustoffe im Kreislauf zu halten. Die Währung soll künftig CO2 sein“, stellt Baumann klar. Es gehe auch darum, Deponiekapazitäten zu entlasten und Primärrohstoffe, die weiterhin gebraucht werden, dezentral zu gewinnen und zu lagern. Nach einem Steinbruchbesuch in Talheim unmittelbar vor Baumanns Besuch sieht MdL Gudula Achterberg, Mitglied im Ausschuss für Landesentwicklung und Wohnen, auch aus raumplanerischer Sicht: „Wir brauchen auch eine gute Rohstoffsicherung im Land."
Autor:Gudula Achterberg, Landtagsabgeordnete B90/Die Grünen aus Heilbronn |
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