Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus
Wiederstand aus christlicher Überzeugung

Jehovas Zeugen wurden bereits ab 1933 von den Nationalsozialisten mit unnachsichtiger Härte verfolgt. Sie gehören zu den eher unbekannten Widerständlern einer menschenverachtenden Ideologie.

27.01.2023 – Obwohl Jehovas Zeugen schon immer politisch neutral waren und damit objektiv betrachtet für keine Regierung eine Gefahr darstellen, wurden sie oft Zielscheibe totalitärer Regime.
Von den circa 25 000 Zeugen Jehovas, die 1933 in Deutschland lebten, wurde fast jeder Zweite von den Nationalsozialisten verfolgt. Insgesamt kamen europaweit rund 1 800 zu Tode.

Widerstand gegen Hass
Da Jehovas Zeugen sämtliche politisch motivierten Aktionen ablehnten, darunter auch den „Hitlergruß“, gerieten sie schnell ins Visier der Gestapo. Sie verweigerten bedingungslos menschenverachtende Hasstaten gegen ihre Mitmenschen, die in dieser Zeit besonders gegen Juden an der Tagesordnung waren. Auch gegen das staatliche Verbot ihrer Religionsausübung, das schon 1933 verhängt wurde, widersetzten sie sich. Brutale Hausdurchsuchungen, Schikanen sowie grausame Verhöre in den Einrichtungen der Gestapo wurden für sie bald alltäglich. Viele verloren ihre Arbeit, etwa 9 000 wurden inhaftiert. Tatsächlich gehörten die Bibelforscher, wie Jehovas Zeugen damals genannt wurden, zu den ersten Häftlingen, die in den Konzentrationslagern ankamen. 

Den Druck der Nazis spürte auch die kleine Gruppe in Öhringen und Umgebung. So mussten ihre Zusammenkünfte geheim in verschiedenen Privatwohnungen abgehalten werden. Bekannt ist dafür unter anderem das „Lädle“ von Christiane Gebert in Windischenbach. Nach Hausdurchsuchungen durch die Gestapo traf sich die örtliche Gruppe auch in einem Baumgrundstück oder im Weinberg.
Jehovas Zeugen führten 1936/37 deutschlandweite Flugblattverteilungen durch, mit denen sie auf ihr Schicksal aufmerksam machten und gegen das NS-Regime protestierten. Daran beteiligten sich auch damalige Mitglieder der Hohenloher Gemeinden, unter anderem Eugen Dietz aus Öhringen.
Nach der Aufdeckung einer Versammlung in seinem Wohnhaus in Öhringen wurde Hans Haberoth ins Untersuchungsgefängnis nach Crailsheim gebracht. Otto Anger aus Unterheimbach wurde 1936 wegen des Besuchs eines Bibelforscher-Kongresses in der Schweiz zu 4 Monaten Gefängnis verurteilt und ins KZ Welzheim gebracht.

Widerstand gegen Krieg
Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs 1939 kam es für Jehovas Zeugen noch schlimmer. Da sie bedingungslos den Wehrdienst aus Gewissensgründen verweigerten, wurde an ihnen ein Exempel statuiert: 337 wurden wegen „Wehrdienstverweigerung“ zum Tode verurteilt, davon 282 hingerichtet. 
Der Vater und Familienernährer, Wilhelm Schenk, verlor seinen guten Arbeitsplatz, weil er sich weigerte den Hitlergruß nachzusprechen; und weil er sich nicht an der Reichstagswahl beteiligte, kam er in Untersuchungshaft. Als er einem Mithäftling Zeugnis gab, stellte sich dieser jedoch als ‘Lockvogel’ heraus, was zu einer 7-monatigen Haftstrafe führte, die er vom Oktober 1938 bis April 1939 verbüßte gemäß dem Heimtückegesetz.
Zum Konflikt kam es dann, als er den Kriegsdienst verweigerte. So wurde er am 26. August 1939 erneut verhaftet, nach Berlin - Plötzensee gebracht und am 02. November 1939 zum Tode verurteilt. Das Urteil wurde am 11. Nov. 1939 vollstreckt.

Wichtige Erinnerung an mutigen Widerstand
Heute, am 27. Januar, wird international der Opfer des Nationalsozialismus gedacht. Es ist eine wichtige Erinnerung, da Antisemitismus sowie Hass und Diskriminierung gegen religiöse Minderheiten leider nicht mit dem NS-Regime untergingen. In der DDR sowie in der gesamten Sowjetunion wurden Jehovas Zeugen auch nach 1945 weiter verfolgt. Tatsächlich sind sie seit 2017 in Russland wieder verboten; 104 sitzen dort derzeit aufgrund ihrer Religionsausübung Haftstrafen ab. Auch in unserem unmittelbaren europäischen Umfeld gibt es leider wieder diskriminierende Strömungen, die gegen Jehovas Zeugen vorgehen. Der heutige Gedenktag stellt ein besonderes Mahnmal gegen diese Art religiöser Intoleranz dar und sollte jeden an die Inschrift des Monuments der KZ-Gedenkstätte Dachau erinnern: „Nie wieder!“

Autor:

Jehovas Zeugen Versammlung Öhringen aus Öhringen

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