Ein kleiner Schubs genügt…

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Letzte Woche habe ich wieder einmal den Michaelsberg bei Gundelsheim besucht – hier fühle ich mich immer sehr wohl – es ist eine herrliche Landschaft mit schönen Weideflächen und zufriedenen Tieren. Hier werden alle Tiere artgerecht auf großen, teils beschatteten Weidefläche gehalten. Eine vorbildliche Tierhaltung, die mir sehr gut gefällt. Heute hatte ich das erste Mal die Möglichkeit die Schafe und Ziegen aus der Nähe zu betrachten. Bei meinen vorherigen Besuchen waren die Tiere immer in der Mitte der Weide unter schattigen Bäumen bei ihrer Futterstelle und so konnte ich leider keine Fotos machen. Die Schafe und Ziegen werden gemeinsam auf einer Weide gehalten. Friedlich standen und lagen die Tiere beisammen und ich dachte, welch friedliche Harmonie. Doch dann kam der junge Landwirt und fütterte die Ziegen und erklärte mir, dass die Ziegen manchmal ganz schön garstig zu den Schafen sein können – wenn denen etwas nicht passt dann stoßen sie die Schafe einfach weg – da geht es manchmal schon heftig zu. Die Schafe wehren sich nicht und die Ziegen, auch wenn sie in der Unterzahl sind, verpassen den Schafen oft eine Breitseite mit dem Kopf und den Hörnern. Ganz schön keck die Ziegen. Und dabei sieht für mich alles so friedlich und harmonisch aus.

Besonders auffallend aber war für mich, dass alle Schafe standen und die meisten Ziegen auf der Erde lagen.

Zufällig kam am Abend im Fernsehen ein Bericht aus Ostfriesland. Die schöne Landschaft wurde gezeigt und die großen Weideflächen mit vielen Schafen. Ein Schäfer berichtete, dass die Schafe für die Landschaftspflege eingesetzt werden. Sie sind aber auch Fleisch- und Wolllieferanten. Während der Schäfer weiter in die Kamera sprach wälzte sich ein Schaf im Hintergrund auf dem Boden. Dann versuchte es wieder aufzustehen, zappelte und dann lag es still auf dem Rücken und kam nicht mehr auf die Beine.

Der Reporter wollte vom Schäfer nun wissen ob dem Tier etwas fehlte, weil es so still da lag. Beherzt griff der Schäfer in die Schafwolle und gab dem Schaf einen Schubs, sodass es wieder auf die Beine kam.

Der Schäfer wandte sich wieder der Kamera zu und erklärte dem Reporter, dass sich die Schafe, wenn es im Fell juckt auf dem Boden wälzen und manchmal durch das schwere Fell und das Körpergewicht nicht mehr alleine auf die Beine kommen. Wird dem Schaf durch den Menschen beim Aufstehen nicht geholfen, stirbt es qualvoll innerhalb kurzer Zeit. Die inneren Organe werden gequetscht und es bilden sich Verdauungsgase im Pansen die zum raschen Tod führen.

Deshalb appellierte der Schäfer an die Touristen. Wenn ihr ein Tier hilflos auf dem Rücken liegend vorfindet – geht auf das Schaf zu, packt es am Fell und gebt ihm einen Schubs, damit es wieder aufstehen kann. Mit einem kleinen Schubs könnt ihr sein Leben retten und ihm wieder auf die Beine helfen.

Doch was sich so einfach anhört, hat leider einen ernsten Hintergrund. Ich habe im Internet erfahren, dass die eigentlichen Wildschafe keine Schwierigkeiten beim Aufstehen hatten. Man hat den ehemaligen Wildschafen den natürlichen Fellwechsel weggezüchtet, um viel Wolle durch die Schurr zu gewinnen. Auch hat man den Wildschafen einen breiteren Rumpf angezüchtet, um eine optimale Fleischproduktion zu erhalten. Durch diese Zucht wurden unsere heutigen Schafe gute Woll-und Fleischlieferanten. Das viel zu schwere Fell, auch wenn es vom Regen durchnässt wird und die kugelige Rumpfform haben den Schafen das Aufstehen vom Boden schwer gemacht. Am schwersten haben es aber die trächtigen Tiere, die eine zusätzliche Last zu tragen haben. Der Mensch hat vor Jahrzehnten in die Natur eingegriffen und den Tieren dadurch ein schweres Leben zugemutet.

Wir alle sind doch immer verzückt, wenn wir eine Schafherde sehen – es ist für uns doch der Inbegriff der heilen Welt. Wir machen Fotos und erfreuen uns an den Wollknäul, sie sehen einfach immer niedlich und possierlich aus. Schafherden begeistern uns – es ist ein Stückchen Natur. Die Tiere strahlen Ruhe und Gelassenheit aus. Balsam für unsere Seele. Ruhe, die wir so sehr suchen und lieben in unserer schnelllebigen Zeit.

Ich werde die ländliche Idylle weiterhin schätzen und lieben und mich an den Schafen erfreuen - obgleich ich einsehen muss, dass die niedlichen Schäfchen in Wirklichkeit nur gute Woll-und Fleischlieferanten sind.

Liebe Leser denkt daran – wenn ein Schaf hilflos auf dem Rücken liegt – zögert nicht – greift beherzt ins Fell und gebt dem Schaf einen kleinen Schubs, damit es wieder auf die Beine kommt. So rettet ihr sein Leben!

Autor:

Heide Böllinger aus Bad Friedrichshall

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