Nutrias - putzige südamerikanische Einwanderer...
Abends wenn sich der Tag verkriecht könnt ihr, mit ein wenig Glück, hier auf dem ehemaligen Buga- Gelände, diese kleinen possierlichen Tierchen sehen. Sie sind Tag- und Nachtaktiv, besonders aktiv sind sie allerdings in der Dämmerung. Sie lieben langsam fließende Gewässer. In Nebenarmen von Flüssen, Teichen und kleinen Seen fühlen sie sich wohl. Haben sie sich für ein Revier entschieden, verteidigen sie es und bleiben ihrem Standort treu. Sie ernähren sich hauptsächlich von Wurzeln, Blättern und Stängeln, welche im und am Wasser wachsen, aber auch Flussmuscheln, Schnecken und Würmer werden ab und zu verspeist. Ihre Vorderpfoten können sie wie Greifhände beim fressen einsetzen. An den Hinterfüßen haben sie Schwimmhäute. Diese kleinen Racker sind echte Wasserratten. Sie werden ungefähr 65 cm lang und wiegen ca. 10 kg. Besonders auffällig sind ihr orange farbigen Nagezähne, die ein Leben lang nachwachsen und ihre knopfartigen dunklen Augen. Diese kleinen Nager leben monogam, sie haben 2 bis 3 Würfe im Jahr. Nach 19 Wochen Tragzeit werfen sie 6 bis 8 Junge, die sehend und voll behaart geboren werden. Die Jungen sind nach gut 5 Monaten geschlechtsreif – dies führt dazu, dass eine Überpopulation dieser kleinen Racker an bestimmten Standorten entsteht.
Doch wie kamen die kleinen Nutrias von Südamerika nach Europa?
Die Nutrias wurden in Südamerika in großen Pelzfarmen gezüchtet, das Fleisch der Nutrias gilt heute noch als Leckerbissen, das Fleisch soll sehr zart sein und im Geschmack dem eines Spannferkel gleichen. Schon 1890 wurden auch in Frankreich Pelzzuchtfarmen eingerichtet und ab 1926 auch in Deutschland. Die Pelze wurden hauptsächlich für Pelzmäntel, Pelzmützen oder Pelzkrägen verarbeitet. In der Zeit von 1930 und 1940 gab es in Deutschland ca. 1000 Nutria Pelzfarmen, die jährlich fast 100 000 Felle lieferten. Während des zweiten Weltkrieges gingen die Pelzfarmen stark zurück, kamen dann aber 1950 kurz wieder und verschwanden dann modebedingt in ganz Deutschland. Die Nutrias wurden von den Pelzzüchtern frei gelassen und so wurden die kleinen Racker in der freien Natur heimisch. In der DDR wurden um 1967 ca. 60 000 Felle im Jahr und damit verbunden 180 000 kg Nutriafleisch produziert. Nach der Wende wurden auch hier die Pelzzuchtfarmen geschlossen und die noch vorhandenen Tiere in die Freiheit entlassen.
Wie bereits oben erwähnt vermehren sich die Nutrias prächtig. Allerdings sind sie wärmeres Klima gewöhnt, daher überleben nur sehr wenige Nutrias kalte Winter in unserer Gegend. In milderen Gegenden wie z.B. am Oberrhein hingegen ist die Überlebenschance wesentlich höher.
Nutrias sind ausdauernde Schwimmer, sie lieben es am und im Wasser zu leben. Große Höhlen und unterirdische Gänge bauen sie in Uferböschungen, Dämme und Deichanlagen. Diese Unterhöhlung der Uferbereiche ist eine große Gefahr. Erhebliche Schäden können so an Hochwasserschutzdämmen entstehen, unterhöhlte Dämme können brechen oder Einstürze im Erdreich an Böschungen können gefährlich werden für Mensch und Tier. Aber nicht nur wasserbauliche Schäden richten die kleinen Racker an, auch landwirtschaftliche Schäden. Fraßschäden an Feldfrüchten, wie z. B. Rüben machen die kleinen Tierchen unbeliebt. Aus diesem Grunde ist die Jagd auf Nutrias mit Ausnahmegenehmigungen in ganz Deutschland erlaubt. Man spricht von ca. 62 000 erlegten Tieren in den Jahren 2018/2019. Eine unglaublich hohe Zahl, die mich erschreckt hat.
Ich selbst habe am Karlsee bisher einen Nutria gesehen, am Neckar im Schilf eine kleine Familie mit vier Jungen. Ich habe mich sehr gefreut, als ich das erste Mal eine Nutria sah, sie war im Karlsee unterwegs, schwamm hin und her und erblickte mich dann am Ufer stehend. Ich war überrascht, als das kleine Kerlchen zu mir ans Ufer schwamm, sich vor mir in den Schnee setzte und ganz beherzt anfing sich von oben bis unten zu putzen. Ein putziger kleiner Racker, der sich vor mir und Emilie nicht fürchtete. In aller Ruhe konnte ich das Handy aus der Tasche holen und die Putzaktion aufnehmen. Er hatte keine Angst, keine Scheu vor uns und Emilie war sehr entspannt und verfolgte interessiert die possierliche Nutria.
Nutrias sind Wildtiere, die sich bei uns etabliert haben – putzige kleine Problemnager - die gehasst und geliebt werden – jeder wie er mag…
Autor:Heide Böllinger aus Bad Friedrichshall |
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