Fakten – Vermutungen – Schicksale
Giftmord in Nordheim 1766

Foto: Ulrich Berger
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Es sind allesamt unglückliche, als störend empfundene Figuren, die Ulrich Berger, Ortshistoriker, Initiator des Nordheimer Heimatbuchs sowie Ehrenbürger Nordheims, beim Dezember-Stammtisch des Zabergäuvereins in der „Pizzeria Pavarotti“ in Frauenzimmern in seinem anschaulich bebilderten Vortrag den Zuhörern vorstellt.
Der Stoff, der als Vorlage für einen Kriminalroman dienen könnte, lässt Berger bei seinen Recherchen viel Raum für Vermutungen bis hin zu einem möglichen Aussehen der Hauptpersonen. Sie alle eint ein tragisches Schicksal.
Wieso vergiftet eine junge Frau den Mann, den sie erst drei Monate zuvor geheiratet hat?
Um sich in die Zeit um 1766, die von großer Armut geprägt ist, versetzen zu können, führt Ulrich Berger ausführlich und mit vielen Bildern von alten Stichen und Niederschriften in die Verhältnisse des Ortes ein und zeigt auch, was heute davon noch existiert.
Nach dem Tod seines Vaters, des Pfarrers Johann Leonhard Hiller, übernimmt dessen Sohn Johann Gottfried die Amtsgeschäfte, allerdings mehr schlecht als recht, weswegen er mehrfach gerügt wird. Ihm ist jedoch zu verdanken, dass dieser Giftmord detailliert im Nordheimer Totenbuch festgehalten wird. Vermutlich kennt er die Mörderin persönlich seit seiner Schulzeit.
Agnes Maria Frank geb. Ströhle ist die dritte Tochter aus der ersten Ehe von Christoph Ströhle. Ihre Mutter stirbt, als sie 7 Jahre alt ist. Mit seiner zweiten Frau hat er weitere Kinder. Er verlässt jedoch die Familie, als seine Frau mit Tochter Anna Catharina schwanger ist.
Die verlassene Ehefrau („Deserta“) bewohnt mit den Kindern ein halbes Häuschen am östlichen Ende des Dorfes „vor dem unteren Tor.“ Agnes wird wohl gedrängt, schnell zu heiraten, um aus dem Haus auszuziehen, um ihrer unverheiratet schwanger gewordenen Stiefschwester Christina Magdalena Platz zu machen.
Beide Schwestern heiraten nacheinander. Am 26.11.1765 heiratet Agnes wohl überstürzt den ungeliebten Christian Friedrich Franck. Einen Tag später, an einem Mittwoch, heiratet ihre Stiefschwester Gottlieb Sattelmayer, den Vater ihres unehelich geborenen Kindes. Der Mittwoch ist damals amtlich festgelegt für „gefallene Paare.“ Alle anderen Hochzeiten sollen möglichst dienstags stattfinden.
Im Totenbuch schreibt Vikar Hiller, dass Agnes, nachdem sie drei Monate mit ihrem Mann zusammengelebt hat, einen „ganz besonderen Widerwillen“ gegen ihn gefasst habe. Er habe, wie man in einem Tübinger juristischen Gutachten nachlesen kann, einen „Leibschaden“ (durch eine ungeschickte Operation im Mutterleib wird sein Gesicht übel zugerichtet) und sei umgeben von einem stinkenden Atem. Sie habe ihn nur zwei- oder dreimal beiwohnen lassen und über Scheidung nachgedacht.
Wie Agnes zu Gift, Arsen, kommt, das damals nicht an Frauen verkauft werden darf, ist unklar. Gibt es den Unbekannten aus Erlenbach, der es für sie in der Sicherer-Apotheke Heilbronn besorgt haben soll? Wieso verabreicht sie ihrem Mann das Gift offensichtlich auf einmal und nicht peu à peu, sodass sein Tod weniger auffällig gewesen wäre?
Am 13.2.1766 mischt sie ihrem Mann das Gift in eine Brühe, die er am nächsten Morgen als Frühstück zu sich nimmt. Er stirbt unter großen Schmerzen am selben Tag in Horkheim während eines Besuchs bei der Schwester seiner Stiefmutter.
Der schnelle Tod wirft Fragen auf. Die Leiche wird obduziert. Der Körper ist übersät mit Flecken, innere Organe und Schleimhäute sind verätzt. Typische Zeichen für einen Giftmord.
Schnell wird Agnes verdächtigt. Nach 5 Tagen Arrest im Rathaus Nordheim gesteht sie die Tat.
Es folgen die Überführung ins Gefängnis nach Brackenheim, Verhöre und der Prozess.
Als ein Bekannter von ihr, Friedrich Müller, nach ihrer Verhaftung untertaucht, kommt schnell der Verdacht auf, dass er möglicherweise das Gift besorgt, Agnes vielleicht zum Mord angestiftet habe. Er wird jedoch durch ein Alibi des Schultheißens entlastet.
Agnes wird am 20.6.1766 auf dem Brackenheimer Galgenberg „mit dem Schwert vom Leben zum Tod“ gebracht, der mildesten Art der Todesstrafe. Im Totenbuch ist zu lesen, dass Hiller und fünf weitere Geistliche sie zum Richtplatz begleiten. Zuvor habe sie das Abendmahl empfangen und sei „mit großer Freudigkeit und getrostem Mut ihrem schmählichen Ende“ entgegengegangen mit dem Ausruf: „Vater, in deine Hände befehle ich meinen Geist!“

Nachzulesen ist diese Geschichte in dem Buch von Ulrich Berger „Nordheimer Geschichte(n) II“, erhältlich im Nordheimer Bürgerbüro.

Autor:

Zabergäuverein aus Güglingen

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