Gelungene Einweihung in Güglingen: Farbige Kultbildrekonstruktion in Mithräum II feierlich enthüllt

Die farbige Rekonstruktion des Kultbilds von Mithräum II aus Güglingen. | Foto: Malerei: Shira Nov
12Bilder
  • Die farbige Rekonstruktion des Kultbilds von Mithräum II aus Güglingen.
  • Foto: Malerei: Shira Nov
  • hochgeladen von Römermuseum Güglingen

Unter großer Anteilnahme der Öffentlichkeit aus Nah und Fern wurde am vergangenen Sonntag die farbige Rekonstruktion des Kultbildes in Mithräum II eingeweiht – zahlreiche Besucher folgten der Einladung zur Enthüllung in der Archäologischen Freilichtanlage.

Wie Bürgermeister Heckmann in seiner Begrüßungsrede herausstrich, war die Entdeckung und Ausgrabung zweier Mithras-Heiligtümer in der römischen Zivilsiedlung von Güglingen in den Jahren 1999 und 2002-2004 durch das Landesdenkmalamt Baden-Württemberg eine vielbeachtete archäologische Sensation: Insbesondere die vollständige Erhaltung des zweiten Mithräums mit seiner gesamten Ausstattung an Steindenkmälern und Kultgegenständen sorgte auch international für beträchtliche Furore.

Im Jahr 2003 ließ die Stadt Güglingen bereits während der laufenden Ausgrabungen von den Steindenkmälern aus Mithräum II einen vollständigen Satz an Kunststeinabgüssen anfertigen. Damals war bestenfalls ein Schutzhaus über dem Originalbefund des Heiligtums im Gespräch oder man wollte die Bildwerke und Altäre als Teil eines Skulpturengartens aufstellen – zu diesem Zeitpunkt hätte noch niemand daran gedacht, dass in der Stadt einmal ein Römermuseum eingerichtet werden würde, in dem auch noch sämtliche Originale vorhanden wären, und so dankte Bürgermeister Heckmann hierfür seinem ebenfalls anwesenden Amtsvorgänger Klaus Dieterich.

Flankiert vom mehrtägigen Internationalen Kolloquium „Religion am Rande des Imperiums“ wurde im Jahr 2009 am Ausgrabungsplatz schließlich eine Archäologische Freilichtanlage eingeweiht, die 2017 mit der großen Panoramawand eine weitere Ergänzung erfuhr.

Zwischenzeitlich wurden zahlreiche Funde aus den Güglinger Mithräen seit 2008 nicht nur dauerhaft im Römermuseum der Öffentlichkeit präsentiert, sondern sie waren temporär auch in den großen Sonderausstellungen „Imperium der Götter. Isis – Mithras – Christus“ im Badischen Landesmuseum Karlsruhe (2013/14) und „Faszination Schwert“ im Landesmuseum Württemberg Stuttgart (2018/19) zu sehen sowie zuletzt in der großen Schau „Bewegte Zeiten. Archäologie in Deutschland“, die 2018/19 im Martin-Gropius-Bau in Berlin stattfand.

Wie Museumsleiter Enrico De Gennaro bei seiner Einführung erläuterte, hätte für Berlin die Demontage und anschließende Wiederaufstellung der im Römermuseum befindlichen Originale der Steindenkmäler einen zu großen finanziellen Aufwand verursacht und so musste man sich dort teilweise mit den vorhandenen städtischen Kopien behelfen. Nachdem diese nun Anfang des Jahres wieder nach Güglingen zurückgekehrt sind, konnten weitere Gedanken über ihren Endverbleib angestrengt werden.
Angeregt durch einen privaten Spender aus Stuttgart, in der Freilichtanlage in Mithräum II eine farbige Kultbildrekonstruktion zu präsentieren, reifte so schließlich der Entschluss, nicht nur das Kultbild zu zeigen, sondern im selben Kontext auch die Abgüsse der Steindenkmäler vor Ort zu installieren.

Die farbige Rekonstruktion des einst bemalten Kultbilds von Mithräum II wurde von der israelischen Künstlerin Shira Nov gestaltet, die ihr Studium in Basel absolvierte. Derzeit widmet sie sich schon ihrem nächsten Projekt, der Buchillustration für „Die unendliche Geschichte“ von Michael Ende, sie fand aber dennoch den Weg aus Wangen im Allgäu zur Enthüllung nach Güglingen.
Den interessierten Zuhörern erläuterte sie nach der feierlichen Enthüllung des in rubinrotem Stoff eingehüllten Kunstwerks, wie sie sich den römischen Vorbildern und der originalen Technik anzunähern versuchte: So wählte sie Ei-Tempera für die Umsetzung der Vorlage und als Vorbilder für die Kolorierung diente eine starke Anlehnung an die am besten erhaltenen Kultbildfresken in den Mithräen von Marino am Albaner See in Latium und Santa Maria Capua Vetere in Campanien.

In die Kultbildrekonstruktion wurde die aus Güglingen erhaltene rechte untere Ecke des Kultbilds eingebunden und gemeinsam mit der farbig gehaltenen Ergänzung in einem Metallrahmen gefasst. Die Malerei selbst wurde zwischen zwei Lagen Panzerglas gedruckt – hierdurch erhält selbst die Rückseite optisch eine gewisse Luzidität und wirkt von der Umgehungsstraße aus nicht so dominierend wie eine tote Fläche.
Für die in mehrerlei Hinsicht anspruchsvolle Umsetzung dieser Konstruktion zeichnete die Firma Pixelgurus aus Ostfildern-Ruit verantwortlich, die bereits eingehende Erfahrungen mit ähnlichen dauerhaften Präsentationen im öffentlichen Raum besitzt, wie beispielsweise dem HAP-Grieshaber-Weg in Eningen unter Achalm.

Einen Kurzvortrag mit dem Titel „Das Leben und Wirken von Mithras: Was wir aus Bildern und Inschriften erfahren“ bekamen die Anwesenden dann von Angelika Beck zu hören. Derzeit mit ihrem Masterstudium an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg zugange, ist die Altgeschichtlerin seit April 2018 im Führungsbetrieb des Römermuseums tätig und unter anderem eine Spezialistin für antike Mysterienkulte und die Mithrasverehrung. Sie schilderte, wie das Leben und Wirken des Mithras illustriert werden kann und was sich davon in den Heiligtümern und Kultbildern widerspiegelt: Obwohl es sich beim römischen Mithras-Kult um einen Geheimkult gehandelt hat, existieren doch einige Quellen, die hierzu verschiedenste Einblicke erlauben. So können dafür szenische Darstellungen auf verschiedenen Kultbildumrahmungen herangezogen werden als auch beispielsweise die Fresken und Inschriften aus dem Mithräum unter der Kirche Santa Prisca in Rom.

Nach dem inhaltlichen Teil leitete Bürgermeister Heckmann dann zum Umtrunk und dem Imbiss über. Was hier vorbereitet wurde, hatte eine enge Verbindung zum einstigen Kultgeschehen: Gegrillte Geflügelwürstchen sollten anklingen lassen, dass die Untersuchung der Tierknochen aus den Abfallgruben von Mithräum II umfassend Aufschluss über die Speisen beim gemeinsamen Kultmahl gaben – so bestand es hier überwiegend aus Hühnchen in den verschiedensten Zubereitungsarten. Ebenso war symbolhafter roter Wein gegenwärtig, der als Sinnbild für das vergossene Blut des Stieres getrunken wurde – bei der Einweihung in Form von „Sanguis Tauri“ gereicht, dem Samtrot der WG Cleebronn-Güglingen.

So war auch dieser letzte Teil der Veranstaltung sehr dicht an der Antike: In einigen Mithräen existieren nämlich Hinweise auf Einweihungsveranstaltungen der Tempel, die in Gegenwart der breiten Öffentlichkeit stattfanden, denn trotz des Geheimkults scheinen daran aufgrund der Vielzahl der Speiseabfälle und Geschirrfunde nicht nur die Gläubigen teilgenommen zu haben, sondern die gesamte Einwohnerschaft dazu eingeladen gewesen zu sein.

Autor:

Römermuseum Güglingen aus Güglingen

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

Eine/r folgt diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.