Selbsthilfe Demenz Pflegende Angehörige
Reden ist Silber, Schweigen ist Pech

Zugegeben. Manchmal ist es goldrichtig zu schweigen. Aber bei weitem nicht immer. 

Eine kleine wahre Geschichte zeigt das. Die Geschichte selbst ist nur ein paar Sätze lang. Wer sie erlebt hat, eine alleinstehende Frau, nennen wir sie Marie, hat ein halbes Menschenleben darin verbracht.

Marie war in ihren besten Jahren. Sie lebte in einer ländlichen Region und hatte keinen Beruf gelernt, mal hier, mal da ausgeholfen, als ihre Tante in der Blüte des Lebens einen schweren Schlaganfall erlitt. Marie, das sagten alle, sollte die behinderte Frau pflegen. Marie tat es gerne. Sie wohnte im kleinen Haus der Kranken und kochte für diese und sich selbst. Sie war bescheiden. Und sie dachte bei sich, dass ihr eines Tages das kleine Häuschen als Lohn zufallen werde. Es lag in der Luft. Die Tante hatte keine Erben.

Mit den Jahren wurde die Arbeit immer anstrengender. Die chronisch kranke Dame wurde sonderlich und beschimpfte Marie immer häufiger wegen Nichtigkeiten. Jahrein, jahraus. Die Zeit verrann. Marie kam in die Jahre. Die Arbeit fiel ihr schwerer. Und die Tante wurde immer garstiger und sagte niemals danke. Marie schämte sich, dass sie zu hoffen begann, die Tante würde bald sterben. Aber diese wurde steinalt.

Marie war seit Jahren beim Therapeuten wegen ihrer Schuldgefühle, die ihr den Schlaf raubten, und der zunehmenden Erschöpfung. Sie, die einst zuversichtliche und hilfsbereite Marie, wurde verbittert. Sie ließ ihre Umgebung im Glauben, dass sie das Häuschen erben werde. Das war ja von der Tante einmal als Möglichkeit angedeutet worden.

Eines Tages dachte ihr Therapeut, sie sei an einem einzigen Tag um zehn Jahre gealtert. Was war geschehen? Die Tante war gestorben. Marie war um sie, als die Tante im Sterben lag und der von Marie gerufene Arzt nur noch den Tod feststellte. Marie ging ein paar Tage zu ihrer Schwester. Als sie wieder im Häuschen war, klingelte das Telefon. Ein Notar sagte ihr, sie könne noch solange in der Wohnung bleiben, bis das Haus verkauft sei. Den Erlös habe die alte Dame in ihrem Testament dem Tierheim vermacht.

Pflege daheim ist eine wichtige und schwere Arbeit. Sie kann eine Erfüllung darstellen, besonders wenn die pflegende Person ein gutes Verhältnis zu der betreuten Person hat. Aber niemand kann sie auf Dauer ganz alleine bewältigen, ohne selbst Schaden zu nehmen. Und pflegende Angehörige habe ein Recht auf klare Abmachungen über ihre finanzielle Absicherung. Sie brauchen auch Auszeiten, Urlaub von der Pflege. Wenn sie nicht beides zugesichert bekommen, am besten in der Form eines Vertrages, sollten sie sehr genau überlegen, ob sie dieses Arbeitsverhältnis aufrecht erhalten wollen.

Autor:

Netz für pflegende Angehörige in Weinsberg und Umgebung aus Lehrensteinsfeld

Webseite von Netz für pflegende Angehörige in Weinsberg und Umgebung
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