Tag des Bodens
Flächenfraß: Lippenbekenntnisse und die Realität
Der 5. Dezember steht als „Tag des Bodens“ im weltweiten Kalender – ein sicheres Indiz dafür, dass die Situation des Bodens zumindest nachdenklich stimmen sollte. In öffentlichen Verlautbarungen ist denn auch von der Bereitschaft, Boden zu schützen und mit ihm sparsam umzugehen, landauf landab zu lesen. „In jeder Begründung eines jeden Planverfahrens findet sich der Satz, dass die Bodenschutzklausel nach § 1a (2) BauGB zu beachten ist – und dann entstehen doch wieder Einfamilienhaussiedlungen oder eine weitere Fabrik- oder Logistikhalle auf der grünen Wiese“, so Jürgen Hellgardt, Vorstand des BUND-Regionalverbands Heilbronn-Franken.
Existenzielle Bedeutung wird ausgeblendet
Zwar werden Umweltverbände nicht müde, die existenzielle Bedeutung des Bodens für Mensch und Natur in ihren Stellungnahmen zu Planverfahren zu betonen, aber leider ändert dies nichts daran, dass mit der Ressource so umgegangen wird, als sei sie eine Marginalie. Lebensmittelproduktion? Kaltluft-Produktion? Grundwasser-Neubildung? CO2-Speicher? Alles anscheinend für Behörden und Volksvertretende nicht so wichtig wie neue Gewerbe- oder Wohngebiete. Appelle zu mehr Bodenschutz verhallen bei Planern und Kommunen auch in der Region Heilbronn-Franken – einem der Landkreise in Baden-Württemberg, der bekanntermaßen am verwundbarsten für die Folgen der Erderhitzung sein wird.
Im Heilbronner Raum wird munter weiterversiegelt
Gerade in Verdichtungsräumen wie dem um Heilbronn sollten schon längstens die bestens bekannten Konzepte von Schwamm-Stadt und Schwamm-Landschaft umsetzt werden, gewachsener Boden ins überragende öffentliche Interesse gestellt und jede Planung auf den Klimaprüfstand gebracht werden. „Stattdessen regiert das Weiter-so“. Da feiert man sich für ein KI-Zentrum, für das 23 Hektar Boden im Stadtgebiet Heilbronns überbaut werden, während gleichzeitig Gewerbeimmobilien leer stehen. 2021 war schon für die sehr großzügig geplante Lidl-Deutschland-Zentrale in Bad Wimpfen eine über 4 Hektar große Fläche überplant worden – heute steht eines dieser fünf neuen Bürogebäude leer. Ein Grund: Die Homeoffice-Option für Mitarbeitende, ein Arbeitsmodell, das angesichts des Fachkräftemangels sicherlich weiter Schule machen wird. Dennoch wurde bei Bad Friedrichshall-Kochendorf der IT-Campus der Schwarz-Gruppe auf der Oberen Fundel hochgezogen, auf 16 Hektar. Im Zabergäu nahm in diesem Herbst der Güglinger Gerüsthersteller Layher seine Halle mit neuer Feuerverzinkerei auf dem interkommunalen Industriegebiet Langwiesen IV in Betrieb. Dafür wurden in der Aue über 14 Hektar überplant.
Landesregierung setzt eigene Ziele nicht durch
„Flächensparende Konzepte sind bekannt, werden aber nicht umgesetzt. Statt mehrstöckiger Bauweise wird bei Gewerbe, Supermärkten und Parkplätzen weiter in die Horizontale gebaut, als ob die Ressource Fläche grenzenlos wäre und nur darauf warten würde, bebaut zu werden. Statt dringend benötigter kleinerer Wohnungen für Senioren, Singles, Azubis in Ortslage, entstehen in fast jeder Kommune Einfamilienhäuser auf der grünen Wiese. Und so weiter und so fort“, so Hellgardt. Und: Oft würden die gesetzlich vorgeschriebenen Ausgleiche erst Jahre später – wenn überhaupt – mehr schlecht als recht realisiert. Da nütze es wenig, dass sich die Landesregierung bis 2035 die Netto-Null in den Koalitionsvertrag geschrieben hat und kurzfristig einen maximalen Flächenverbrauch von 2,5 Hektar pro Tag vorsah. 2022 lag der Verbrauch bei 4,6 Hektar. „Papier ist geduldig“. Und solange vom Bundeskanzler das Placet für das Bauen auf der grünen Wiese kommt, ist von Seiten der Politik auch wenig zu erwarten. Die Bürgerschaft sei da oftmals schon weiter: Für den Volksantrag gegen Flächenfraß, für den Umwelt- und Bauernverbände Seite an Seite Unterschriften gesammelt hatten, ist längst die nötige Anzahl an Stimmen eingegangen. „Jetzt muss sich der Landtag endlich mit dem Schutz von Fläche und Boden auseinandersetzen. Vielleicht erinnert er sich ja dann an Bodenschutzklausel und Koalitionspapier.“
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