Landwirtschaft/Klimawandel
Von fliegenden Flüssen und Pflanzen als Regenmacher
(Heilbronn/Kirchberg, 02.12.2023) „Boden und Wasser in der Klimakrise – wie gelingt Ressourcen schonende Landwirtschaft?“, so lautete der Titel einer Veranstaltung, zu der der BUND-Regionalverband Heilbronn-Franken gemeinsam mit der Akademie Schloss Kirchberg und der Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall am Donnerstagabend ins Schloss Kirchberg eingeladen hatte. Dass der große Rittersaal bis auf den letzten Platz besetzt war, zeigt, wie sehr das Thema drängt – besonders die Landwirte, denen die Dürreerfahrungen der letzten Jahre große Sorgen bereiten. Was der Geograf Stefan Schwarzer anschließend referierte, brachte er gleich zu Beginn auf eine so griffige wie überraschende Formel: „Wir müssen wieder Wasser pflanzen“. Denn nicht nur die Klimakrise sei für die Dürren verantwortlich, sondern auch die aktuelle Form der Landnutzung und Landwirtschaft, so der Co-Autor der Bücher „Aufbäumen gegen die Dürre“ und „Humusrevolution“. Dass sich Ackerbrachen und versiegelte Bereiche um ein Vielfaches stärker erhitzen als begrünte Flächen läge besonders daran, dass Pflanzen Wasser verdunsten und dadurch ihre Umgebung abkühlen. „Und das funktioniert schon beim Löwenzahn“, sagt Schwarzer und belegt dies mit Aufnahmen von Wärmebildkameras. 400 Liter Wasser gibt ein großer Laubbaum am Tag an die Luft ab und kühlt damit so gut wie zehn Klimaanlagen. So erklärt sich auch, dass der Regenwald des Amazonas mehr Wasser in der Luft dem Land zuführt als der riesige Strom dem Meer. Diese „fliegenden Flüsse“ gibt es auf jedem Kontinent und das Prinzip wirkt auch im Kleinen. Noch dazu liefern z. B. Bäume über ihre Duft- und Botenstoffe Kondensationskerne, an denen sich in der Luft Wassertropfen bilden. „So schaffen sich Wälder ihre eigenen Wolken, ihren eigenen Regen“. Schwarzers Lösung ist also: „Wir müssen mehr Wasser verdunsten, damit es feucht bleibt“. Doch dazu brauche es auch den Wasserspeicher im Boden – insbesondere mehr Humusaufbau und ein Wassermanagement, das das kostbare Nass in der Landschaft hält, anstatt es - wie derzeit noch üblich - so schnell als möglich von den Feldern zu leiten. Besonders die Landwirtschaft sei hier Teil der Lösung.
Ökosystemleistungen müssen besser honoriert werden
Vieles von dem setzt heute schon Landwirt Michael Reber aus Schwäbisch Hall-Gailenkirchen nach den Prinzipien der Regenerativen Landwirtschaft um. Bei ihm gibt es keine Ackerbrachen, Stoppeln und Wurzeln bleiben im Boden. Um die Bodenfruchtbarkeit zu erhalten, setzt er auf Vielfalt. Wenn Mais aufs Feld kommt, dann nur in Mischkultur z. B. mit Sorghum, Sonnenblumen, Hafer oder Wi-cken. „Wir müssen das Bodenleben vielfältig füttern, damit wir seine Vielfalt erhalten. Und wir müssen Humus aufbauen, um Wasser zu speichern.“ Im Winter will er 400 m Hecken pflanzen. Diese Maßnahme bekommt er über Agrarförderungen aber nicht honoriert. Dass dies Teil des Problems ist, wurde in der anschließenden Diskussion deutlich. Sowohl Moderatorin Dr. Karin Haug vom BUND-Regionalverband als auch Martin Bachhofer, Landesgeschäftsführer des BUND Baden-Württemberg, machten klar, dass sie auch in diesem Punkt hinter der Bauernschaft ständen. Ökosystemleistungen müssten besser honoriert werden. Ohnehin herrschte Einigkeit, dass eine bessere Vernetzung aller Beteiligten dringend nötig sei – ob Landwirtschaft, Umweltverbände oder Gesellschaft. „Das bekommen wir auch ohne die Bürokratie hin, oder?“, so Dr. Haug und erntete damit viel Applaus. Auch Rudolf Bühler von der Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall betonte, dass er deshalb auch die Kooperation mit dem BUND verstärken will.
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