Platanenfällungen in Öhringen
Sinnlos und aus der Zeit gefallen
Bei den Baumfällungen in der Platanenallee macht die Stadt Öhringen diese Woche kurzen Prozess: Erst am 14. November auf der Homepage der Stadt angekündigt, fallen seit Montag schon die ersten der 30-40 Jahre alten Bäume. BUND und LNV kritisieren die Maßnahme scharf, insbesondere, weil artenschutzrechtliche Verstöße wahrscheinlich sind.
Bis zu einem Drittel der rd. 80 Bäume in der Platanenallee soll weichen. Warum? Weil laut Stadt Öhringen ihre Größe zunehmend Probleme mache, weil sie Schatten werfen und weil ihre Wurzeln Gehwegschäden verursachen würden. So heißt es auf der Homepage der Stadt. An erster Stelle werden aber „Beeinträchtigungen durch die dort nistenden Saatkrähen“ genannt. „Das Vorgehen ist nicht nur angesichts der Klimakrise aus der Zeit gefallen, sondern auch in puncto der Auswirkung auf die Saatkrähen fachlich zweifelhaft“, so Andrea Hohlweck, Regionalgeschäftsführerin des Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) Heilbronn-Franken.
Altbäume: billigste Klimahelfer
Landauf, landab würden Kommunen darüber diskutieren, wie sie ihre Innenstädte klimafest machen. Dabei spiele das Stadtgrün eine zentrale Rolle. Insbesondere der Altbestand an Bäumen, der sich bereits an die widrigen Bedingungen von Streusalz, Wasserknappheit und Bodenverdichtung angepasst hätten, sei schützenswert. Ergebnisse aus dem Hamburger Forschungsvorhaben „Stadtbäume im Klimawandel - SiK“ unterstreichen, dass gerade die Altbäume und solche mit großem Kronendurchmesser unsere Klimaspezialisten sind. „Laut Forschern der niederländischen Universität Wageningen entspricht die Kühlleistung eines Altbaumes 20 bis 30 Kilowatt, das ist etwa so viel, wie zehn Klimaanlagen leisten“, erklärt auch Stefan Schumacher, einer der Vorstände des BUND-Kreisverband Hohenlohe. Aus gutem Grund hat auch die Stadt Öhringen im letzten Jahr eine Baumschutzsatzung verabschiedet, die Bäume ab einem bestimmten Stammumfang schützt. Hier ist u.a. genau geregelt, wann Verschattungen als unzumutbar gelten. Bezug zu dieser Baumschutzsatzung habe die Stadt Öhringen in Zusammenhang mit den aktuellen Fällungen in der Platanenallee aber nicht genommen, kritisieren BUND und auch der Arbeitskreis Hohenlohe des Landesnaturschutzverbands (LNV).
Saatkrähen-Kolonie kann sich vervielfältigen
Beobachtungen aus anderen Städten zeigten, dass vertriebene Saatkrähen meist an anderer Stelle bzw. gleich an mehreren Stellen neue Tochterkolonien gründen. Dabei vergrößert sich der örtliche Bestand der intelligenten Koloniebrüter oftmals noch. „Außerdem sind auch Saatkrähen besonders geschützt. Unter Schutz stehen auch ihre Nester und Schlafbäume“, so Hohlweck vom BUND Regionalverband Heilbronn-Franken. Nach § 44 des Bundesnaturschutzgesetzes ist es verboten, die Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören. Eingriffe in Kolonien, beispielsweise durch Fällung oder Rückschneiden von Bäumen, bedürfen also zu jeder Jahreszeit einer artenschutzrechtlichen Ausnahme. „Nach unserer Recherche liegt hier jedoch keine einzelfallbezogene Ausnahme vor“, so Brigitte Vogel vom LNV „Dieser Umgang mit geschützten Arten ist nicht zu tolerieren!“ Beide Umwelt- und Naturschutzorganisationen hätten sich gewünscht, dass wie anderenorts bei konfliktträchtigen Saatkrähenkolonien im Siedlungsbereich die Stadt eine intensive Öffentlichkeitsarbeit betreibt. Dabei haben sich in anderen Städten auch Paten für einzelne Brutkolonien bewährt.
Die Pflanzung von jungen Platanen im Außenbereich macht zur Lösung des aktuellen "Saatkrähen-Problems" auch wenig Sinn: Die Bäume werden für die Vögel erst interessant, wenn sie eine stärkere Krone in größerer Höhe ausgebildet haben. Denn: Je höher, desto sicherer. Bis zur Besiedelung werden also noch viele, viele, viele Jahre vergehen.
Petition gegen Baumfällungen erfolgreich gestartet
Mittlerweile wurde eine Online-Petition gegen die Baumfällungen organisiert und konnte schon über 350 Unterschriften sammeln. Damit ist das nötige Quorum deutlich überschritten. Wer sich beteiligen möchte finden sie hier.
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