Rundgang durch Kocherstetten - den Stadtteil an der Biegung des Kochers

Margarete Biehal, Vorsitzende des Vereins StadtGeschichte Künzelsau, an der Mühle
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  • Margarete Biehal, Vorsitzende des Vereins StadtGeschichte Künzelsau, an der Mühle
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Im Dreierteam führten Margarete und Ehrenfried Biehal, beide vom Verein StadtGeschichte Künzelsau, mit Heimatreporterin Angelika Di Girolamo an zwei Nachmittagen jeweils 25 Interessierte durch einen der schönsten Stadtteile von Künzelsau.

Die Eingemeindung von Kocherstetten und anderen ehemals eigenständigen Orten nach Künzelsau ist nun 50 Jahre her, Anlass genug für eine Ausstellung im Stadtmuseum und als Rahmenprogramm geführte Rundgänge durch alle Stadtteile.

Der seit 700 n. Chr. besiedelte Ort liegt an drei Gewässern, dem Erlesbach, dem Heiligenbach und dem Kocher mit dem sogenannten Knie, also der Änderung der Fließrichtung von Süd-Nord nach Ost-West. Hoch über Kocherstetten thront Schloss Stetten, und der Dreiklang von Kocher, Dorf und Burg war schon seit jeher ein beliebtes Motiv.

An der Kelter gab Ehrenfried Biehal einen Überblick über die Entwicklung des Ortes vom Bauerndorf zum Wohnort und stellte die Bedeutung der Zugehörigkeit zum Hause Stetten heraus, die noch heute an vielen Stellen sichtbar ist. Das Wappender Freiherren von Stetten enthält drei Streitbeile – dieses Wappen gilt auch für Kocherstetten.

Angelika Di Girolamo wies darauf hin, dass der Weinbau lange an erster Stelle der Erwerbstätigkeit stand und dass es damals eine durchaus ehrbare Sache war, Häcker (Weingärtner) zu sein. Der Wein konnte in drei Gasthöfen genossen werden. Die Rebkrankheit Perenospera setzte den Weinreben um 1900 schwer zu, nur 3 Familien betrieben danach noch bis ca. 1970 Weinbau, allerdings eher zum Eigenbedarf.

Ortsvorsteher Frank Egner kam der gebürtigen Mannheimerin Angelika Di Girolamo sprachlich zu Hilfe, indem er ein humorvolles Mundartgedicht von Heinrich Bader, Landwirt und Dichter, zum Vortrag brachte: es ging um die Eingemeindung, die damals in Kocherstetten nicht für große Diskussionen sorgte.

Dafür ging es damals heiß her bei der Frage, in welcher Form die Kelter, längst nur noch als Scheune genutzt, als Willkommensgabe der Stadt Künzelsau in eine Sport- und Festhalle umgewandelt werden sollte: Umbau oder Abriss und Neubau? Zum Glück wurde die erste Variante gewählt und die Kelter blieb erhalten!

Die Geschichte der Schule vor Ort ließ aufhorchen: so wurden 1893 beim Neubau zwei Klassenzimmer für 150 Schülerinnen und Schüler gebaut, die von nur zwei Lehrern unterrichtet wurden. Ein Interview, das vor Jahren mit einem ehemaligen Schüler geführt wurde, wurde vor Ort von Margarete und Ehrenfried Biehal nachgesprochen und führte die Zuhörer in die Lebenswelt von Kindern in den 40er Jahren zurück. Erst gegen Ende erkannte man, dass es sich um Dr. Wolfgang von Stetten handelte. Beim zweiten Termin trug Margarete Biehal einfühlsam die Erinnerungen von Lore Kirchdörfer vor. Hier waren manche überrascht, dass auch Kocherstetten im 2. Weltkrieg beschossen wurde, so auch der Gasthof zum Ochsen, das Elternhaus der Zeitzeugin, die im wieder aufgebauten Haus, dem ‚neuen Ochsen‘ lebt.

Am offenen, durch den Ort fließenden Erlesbach, wurden die gepflegten blühenden Dorfgärten bewundert. Die Steinbrücke über den Kocher wurde drei Mal neu gebaut: eine erste 1776 vom Haus Stetten, diese wurde nach acht Jahren durch ein Winterhochwasser mit Eisgang weggerissen, 1833 vom Königreich Württemberg ersetzt, 1945 von abziehenden deutschen Soldaten gesprengt und 1955 als neue, in der Form der alten Brücke mit drei Bögen, wieder eingeweiht.

Die seit dem 13. Jahrhundert bestehende Kundenmühle hatte drei Mühlräder, die teils heute noch am Gebäude von Ilse und Herbert Hespeler zu sehen sind. Gastfreundlich nahmen sie die jeweilige Gruppe in Empfang und boten ein kühles Mineralwasser auf dem Brückle über dem Mühlkanal an, erzählten und zeigten ein historisches Foto vom damaligen Mühlenbetrieb, aufgenommen 1901 vom Kocherstettener Fotografen Friedrich Heinle.

In der Marienkirche, die in ihrem Turm drei Glocken hat, durften die Teilnehmenden dem Orgel- und Flötenspiel von Ulrike und Gerhard Götz lauschen und in ein Sommerlied mit einstimmen, drei Verse. Der Blick schweifte dabei durch den schön renovierten Innenraum der Kirche zu den Epitaphen und dem 'Herrschaftssitz' der Familie von Stetten.

Über den Friedhof und am Gartenhaus vorbei, führte der Weg zurück zur Kelter. Dort konnten alle heimischen Most und Apfelsaft genießen, gespendet von Roland Fricker und Ortsvorsteher Frank Egner. Margarete Biehal hatte leckere Brezeln mitgebracht, wie sie auch die komplette Bewirtung organisiert hatte. Sogar weiße Stoffservietten und bunter Blumenschmuck erfreuten das Auge. 

Dazu stimmten Reinhold Bader mit seiner Posaune und seine Frau Erika Bader mit sicherer Stimme das Kocherstettener Heimatlied an, das in den dreißiger Jahren für einen Schulausflug geschrieben wurde, aber im Ort längst zum Allgemeingut gehört.
Nach ein, zwei oder gar drei Viertele traten alle Teilnehmer zufrieden und beschwingt ihren kürzeren oder längeren Heimweg an.

Eine Anmerkung am Schluss: Die Zahl drei ist doch für Kocherstetten irgendwie prägend, oder?
Text: Ehrenfried und Margarete Biehal, mit Ergänzungen von Angelika Di Girolamo

Autor:

Angelika Di Girolamo aus Künzelsau

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