Lausbubengeschichten von Bruno Gässler 12: Der Unfall am Hang oder 'Schutzengel haben Schweigepflicht'

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In der vorangegangen Geschichte (Teil 11) erfuhren wir, wie sich die 2000 km lange Reise von Eigenheim (Bessarabien) nach Karolinengrund im Sudetenland (heute Dolní Karlín, Tschechien), für den kleinen Noch-Grundschüler Bruno, seine Familie und Freunde gestaltete. Doch bald waren für die Kinder alle Anstrengungen, Enge und auch Langeweile vergessen und sie machten sich daran, die neue Umgebung mit den mächtigen Wäldern und steilen Bergen zu erkunden. Dass einer der ersten Ausflüge gleich mit einem hochgefährlichen Unfall und großer Aufregung einherging, konnten sie nicht ahnen... und niemand durfte davon erfahren!

Bruno Gässler schreibt:

"Es dauerte nur einige Tage, bis wir Jungs den Wald mit seinen Schönheiten und Geheimnissen entdeckten. Die Ausflüge wurden immer weiter ausgedehnt, und wir kamen dabei in die umliegenden Dörfer und knüpften die ersten Kontakte mit der einheimischen Jugend. Wir befanden uns am Rande des Riesengebirges und das Gelände war sehr steil und mit riesigen Felsbrocken übersät. Die Neuartigkeit dieser Landschaft reizte uns natürlich zum Aufstieg. Oben angekommen, hatten wir eine herrliche Aussicht, und wir waren stolz auf unsere Leistung. Dies allein genügte uns aber nicht und weil da genügend Felsbrocken herumlagen und vor uns ein steiler Abhang war, kam einer auf die Idee, so einen Stein zu lösen und ins Tal zu rollen. Als dieser dann eine kleine Lawine auslöste, waren wir richtig begeistert von diesem polternden Abgang am Berghang. Ha, war das ein Spektakel!

Wir begannen mit dem Abstieg. Leichtfüßig wie eine Gämse sprang ich von einem Felsblock zum andern und war den Freunden in kurzer Zeit weit voraus. Nun plagte mich wieder mein Ehrgeiz, ich rief nach oben: “So, i hock jetzt hendr‘ ama große Schutzschild, jetzt kennet ‘r d‘Stoi hopfa lasse.“ Meine Begleiter ließen sich dies nicht zweimal sagen, und schon stürzte eine Steinlawine an meinem Felsen vorbei in die Tiefe. Kurze Zeit darauf kam von oben der Ruf: „Jetzt kannst wieder weiter, die Stoi send älle dronda!“
Nichts ahnend verließ ich meinen Schutz. Ein Stein, nicht größer als ein Tennisball, rollte noch hinterher, wurde immer schneller, schlug am Felsen auf, prallte an diesem ab und mir an den Kopf. Ich war natürlich benommen oder gar bewusstlos, rollte dem Stein hinterher und blieb kurz vor einem steilen Abhang liegen. Der Schreck für meine Kameraden war groß, schnell musste da geholfen werden. Mit vereinten Kräften schleppten sie mich an den Hammerbach, der am Fuße des Berges floss, und brachten mich mit kaltem Wasser wieder zum Bewusstsein.

Kein Mensch durfte je erfahren, was auf dem Berg geschehen war, nur mein Schutzengel wusste davon, und Schutzengel haben Schweigepflicht."

Wichtig zum Verständnis des historischen Hintergrundes: Informationen zum Münchner Abkommen 1938

Autor:

Angelika Di Girolamo aus Künzelsau

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