Nadel und Faden halten die Seele zusammen
Ich habe nicht nur EIN Hobby, sondern wirklich EINIGE. Das Basteln mit Karton, Papier, Stanzen, Stempeln und diversem Schnippelkram kennt ihr hier ja schon durch den Beitrag von Frau Bernecker und auch durch die Printseite zum 75-jährigen Jubiläum der Heilbronner Stimme. Karten in allen Variationen, mit oder ohne passende, selbstverfasste Gedichte, besondere Geschenkverpackungen oder Explosionsboxen zu Festlichkeiten habe ich hier auch schon öfters als Beitrag eingestellt. Zu diesem Hobby bin ich aber erst durch eine Bekannte vor etwa 6 Jahren gekommen. Die größte Herausforderung war für mich 2018, als meine Schwiegertochter mich bat passend zu ihren Hochzeitseinladungen aus demselben silberschimmernden Karton ca. 100 kleine Give-Away- Schachteln für die Tischdeko zu basteln. Und seit ca. 3 Jahren hat mich auch das Scrabebooking-Fieber erfasst, wo persönliche Fotoalben mit Aufklappseiten und Tags zum Einschieben selbst gefaltet und geklebt werden.
Das erste, was ich in dieser Art kreiert habe, war ein Babyalbum zur Geburt und ein Erinnerungsalbum für eine Freundin für ihren zu früh verstorbenen Mann.
Heute aber geht es nicht um das obige Hobby, sondern ich möchte euch erzählen, wie ich, als junge Frau, quasi notgedrungen, in einer Zeit der Krisen, nämlich in den Sechzigern zum Nähen und Handsticken kam.
Als kleines Mädchen habe ich immer schon gerne meinen Puppen diverse Kleider aus Stoffresten genäht, da meine Mutter, wie es damals eben so in der Nachkriegszeit üblich war, als gute Hausfrau durch Nähen das Haushaltsgeld zusammenhalten musste. Wir waren fünf Kinder, und so nähte sie vor allem für uns vier Mädchen aus Sparsamkeitsgründen immer wieder mal ein Kleidchen, Röckchen oder dergleichen.
Im Unterschied zu mir hat sie das Nähen aber in einer Haushaltsschule von der Pike auf gelernt. So kam es denn, dass auch ich bald erste Kleidungsstücke für meine Puppen aus den Stoffresten meiner Mutter schnippelte, von Hand zusammennähte und dann erste Nähversuche auf der einfachen Haushalts-Nähmaschine meiner Mutter machte. Dann half ich ihr manche Stücke zu flicken, Socken zu stopfen und begann aus alter Kleidung, die noch gut war, etwas Neues, Aktuelles zu gestalten ... meist aus der Not heraus: Schöne Stoffe und tolle Designerklamotten waren damals Luxus, und wer die Autobiographie gelesen oder den Film über Aenne Burda in Offenburg, der "Königin der Kleider" gesehen hat, weiß, warum diese Frau so viel Erfolg mit ihrer Nähzeitschrift mit beigelegten Schnittbögen, besonders in der Nachkriegszeit, gehabt hatte. Sie hat es verstanden Mädchen und Frauen aus dem einfachen Volk durch Do-It-Yourself zu zeigen, dass sie genauso gut gekleidet sein können wie die Mannequins der großen Modeschöpfer ohne irrsinnig viel Geld ausgeben zu müssen.
Ich wurde älter und es kam die Zeit der Beatles und des Minirocks, den Mary Quandt aus England auch bei uns populär machte, und auch andere Trends aus den USA wie Synthetics zu Billigpreisen schwappten über den Teich. Endlich war die Zeit vorbei, in der geflickte oder veränderte Kleider von älteren Geschwistern "aufgetragen" werden musste. Es begann eine Zeit der "Revolution", weil nicht ausschließlich mehr der Geschmack der Mütter dominierte und nicht nur funktionale Biederkeit und Haltbarkeit zählte, sondern wir durften mehr und mehr die Auswahl unserer "Outfits" selbst entscheiden, Und so fing auch ich an mir meine ersten trendigen Minikleider und Minröcke nach Schnitten von Burda selbst zu nähen aus neuen Materialien wie Polyester,Nylon und Polyacryl.
Zwischendrin während meiner Ausbildung in Tübingen stagnierte dann das Nähen, aber zu meiner Hochzeit habe ich meinen beiden Nichten als Blumenstreukinder wunderschöne, lange Volantröcke genäht. Und nach der Geburt meiner beiden Söhne fing ich wieder an Utensilien für das Kinderzimmer wie Spielzeug und einfache Kleidung für die beiden zu nahen. Dann hatte ich schließlich immer mehr Ehrgeiz und wollte die beiden Jungs, auch für Hochzeiten in der Familie, immer besonders hübsch herausputzen und nähte ganze Outfits für die beiden.. Diese Begeisterung, besonders für Babys, Kinder und Heranwachsende zu nähen, hielt bis heute an und so habe ich vor allem als krönendes Stück für meine Enkelin deren Einschulungskleidchen passend zum Scout Ranzen genäht und benähe sie noch heute wie auch die anderen Familienmitglieder.
Heute allerdings betreibe ich dieses Hobby nicht mehr aus Sparsamkeitsgründen sondern einfach aus Spaß, und weil Nadel und Faden die Seele zusammenhalten und das Nähen an der Nähmaschine auch wunderbar entspannen kann.
Außerdem konnte und kann ich immer wieder mit manchen genähten Unikaten den Beschenkten sehr viel Freude bereiten und Freude machen zu können versetzt einen doch selbst in Freude, oder nicht?. .
Autor:Gudrun Schickert aus Künzelsau |
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