Backen mit Herz und Hand
Das Backen war bei mir schon immer mit guten Gefühlen verknüpft, denn bereits als kleines Kind liebte ich es, meiner Mutter in der Küche beim Teiganrühren und Backen zuzuschauen und den köstlichen Duft zu schnuppern, den der Kuchen während der Backzeit, damals noch im Kohleherd, verströmte. Und dann erst der Genuss beim Verzehren des frischen Marmor-, Obst- oder Käsekuchens, unvergesslich!
Als ich etwas älter war, kommentierte meine Mama ihr Tun und verriet mir ihre Tipps bei der Teigzubereitung, an die ich mich heute noch gut erinnern kann. Sie ließ mich zunehmend kleine Schritte übernehmen, so dass ich nach und nach immer selbstständiger wurde und dann als Teenager die erwähnten Kuchen auch mal alleine backen konnte, was mich natürlich mit Freude und einem gewissen Stolz erfüllte, verstärkt durch lobende Worte von Eltern und Geschwistern.
Noch als Heidelberger Studentin verband ich einen Besuch bei den Eltern in Mannheim nicht selten mit einem Mutter-Tochter-Backvorhaben, weil es einfach Spaß machte, tolle Ergebnisse brachte und es sich dabei so gut über dies und das plaudern ließ.
Wenige Jahre später, ich war inzwischen im Kochertal heimisch geworden und hatte den Partner fürs Leben gefunden, bot mir das Backen einen wunderbar entspannenden Ausgleich nach manchmal anstrengenden Unterrichts- oder Seminartagen. Gleichzeitig freute sich mein Mann über die Ergebnisse solcher Entspannungsübungen, was ein schöner Nebeneffekt war, denn hier sprach ein gebürtiger Sizilianer, also definitiv ein Kenner von unwiderstehlichen Süßigkeiten ;-))
In den Achtziger Jahren wandelte sich meine Backpraxis grundlegend, denn verheerende Umweltkatastophen wie der Chemieunfall von Seveso und die Atomreaktorexplosion von Tschernobyl, aber auch der Östrogenskandal in der Viehzucht führten für mich zu der Konsequenz, trotz alledem eine möglichst gesunde Ernährung anzustreben.
Statt cremigem Käsekuchen stand morgens ein Müsli mit frisch geschroteten Dinkelkörnern, Obst und Weizenkeimlingen auf dem Tisch, Weizenmischbrot vom Bäcker oder helle Brötchen aus eigener Herstellung wurden durch selbst gebackene Sauerteigbrote oder Vollkornbrötchen ersetzt. Die Verwendung von Vollkornmehl aus biologischem Anbau, bestenfalls in der eigenen Mühle gemahlen, war für mich zu der Zeit selbstverständlich.
In diesen Jahren kamen zum Handrührgerät, das ich heute noch am liebsten verwende, eine Küchenmaschine (die immer noch läuft! - derzeit meistens zum Mahlen von Mandeln, Zucker oder Salz) und eine elektrische Getreidemühle hinzu. Doch das Kneten oder Formen des Teiges von Hand ist mir bis heute eine liebe Beschäftigung geblieben. Auch wenn ich den Mürbeteig mit dem Handrührgerät herstelle, kriegt er durch die abschließenden Handgriffe den 'letzten Schliff', was Glätte und Geschmeidigkeit angeht.
Nach einem Jahrzehnt mit 'extrem' gesundem Backen (und fast ausschließlich vegetarischem Kochen) schlug die Waage wieder mehr zum Genuss hin aus. Die Nouvelle Cuisine des Meisters Paul Bocuse und darauf folgend die Neue Deutsche Küche, wie sie in unserer Region u.a. von Lothar Eiermann, Friedrichsruhe, Manfred Kurz, Blaufelden oder Josef Wolf, Schwäbisch Hall-Hessental, entwickelt wurde, regten auch mich dazu an, mit guten, ehrlichen Zutaten gesund und den Gaumen schmeichelnd zu backen.
Die nächsten zwanzig Jahre sind schnell erzählt: da hat mich der Bäcker öfter gesehen, als der Backofen daheim in Betrieb genommen wurde. Weil die beruflichen Aufgaben sich immer beanspruchender gestalteten, backte ich fast nur noch bei besonderen Gelegenheiten.
Dies änderte sich radikal mit meiner Pensionierung im Sommer 2016. Das Backen wurde mein bevorzugtes Hobby. Ich backe oft, probiere viel Neues aus, habe an Sicherheit hinsichtlich der Zutatenverhältnisse beim Teig gewonnen und 'erfinde' seitdem auch immer mal wieder ein eigenes Rezept, besonders bei Keksen oder Torten. Ich achte immer noch darauf, nur so viel Zucker wie nötig zu verwenden, bin aber mit dem Vollkornmehl zurückhaltender geworden.
Es macht mir großen Spaß, meine Rezepte und Erfahrungen mit der Community zu teilen und den einen oder anderen Tipp geben zu können. Dafür erhalte ich viel positive Resonanz, und ich kann mich wiederum bei unseren Fotoexperten schlau machen oder beraten lassen, was die Fotodokumentation beim Backen angeht. Klar, dass ich auch gerne Back- und Kochbeiträge von anderen Heimatreporter*innen auf meine.stimme anschaue und mich davon inspirieren lasse. Im Gegensatz zu manchem Back- oder Kochbuch oder Internetportal kann ich mir hier sicher sein, dass die Rezepte auch funktionieren.
Eigentlich hatte ich nie das Gefühl, ein besonderes Talent fürs Backen zu besitzen, sondern hielt es für 'normal', ein paar Kuchen im Repertoir zu haben, welches ich immer mal wieder erweiterte. Mir war und ist die Freude am Backen wichtiger als die Frage, ob ich auf diesem Gebiet besonders begabt bin.
Die begeisterten Reaktionen auf meine Kuchen, die ich bei ganz verschiedenen Gelegenheiten erleben durfte, verstärkten meine Liebe zum Backen stets aufs Neue - ein positiver Kreislauf, der bis heute wirksam ist. So ist es mir eine wahrlich herzerwärmende Vorstellung, dass im fernen Sizilien meine Freundin Gabriella noch immer von dem Käsekuchen schwärmt, den ich ihr bei ihrem Besuch in Hohenlohe im Jahrhundertsommer 1983 gebacken hatte -ausnahmsweise ohne Vollkornmehl, das damals in Italien noch weitgehend unbekannt war ;-))
Autor:Angelika Di Girolamo aus Künzelsau |
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